Harfenjule

Text: A. K. / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Harfenjule war das Pseudonym von Luise Nordmann (06.09.1829 - 07.01.1911), einer Straßenmusikantin in Berlin.

Die "Harfenjule": blinde Straßenmusikantin und Berliner Original

"Harfenjule" war das Pseudonym von Luise Nordmann, die im kaiserlichen Berlin als Straßensängerin berühmt wurde und bis heute als Berliner Original gilt. 1829 in Potsdam geboren, kam sie blind auf die Welt. Nach einer Operation durch den bekannten Augenarzt von Graefe konnte sie immerhin 50 Prozent der Sehkraft gewinnen und wenigstens auf einem Auge ein klein wenig sehen. Wenn auch nicht mit guter Sehkraft, wurde Luise Schulz, so ihr Mädchenname, von Mutter Natur doch immerhin mit einer besonders guten Stimme bedacht. Einem Gönner, genauer gesagt einem Offizier der russischen Kolonie in Potsdam, hatte sie es zu verdanken, dass sie als Kind bereits Gesangsunterricht erhielt. Schon früh musste sie, die in sehr ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, dann für sich und ihre Eltern als Straßenmusikantin den Lebensunterhalt verdienen.

Aus dem Leben von Luise Nordmann

1865 heiratete Luise den Puppenspieler Emil Nordmann, mit dem sie gemeinsam mit einem Wandertheater durch die Lande zog. Zwei Kinder wurden geboren. Doch das Eheglück dauerte nicht lange an. 1871 starben ihr Mann und ihre Kinder durch die entbehrungsreichen Reisen über Land an Tuberkulose. Luise Nordmann zog daraufhin nach Berlin-Schöneberg, wo die Verdienstmöglichkeiten als Straßenmusikantin besser waren. Dort, in der Steinmetzstraße, lebte sie gemeinsam mit ihrer Schwägerin in einer Kellerwohnung. Als diese später einen Schlaganfall erlitt, verdiente sie mit der Straßenmusik wiederum das Geld für beide. "Zur Ruhe setzen" konnte sich das bemitleidenswerte Original der "Harfenjule" in der Tat nie wirklich. Bis zu ihrem Tode 1911 zog sie tagtäglich bei jedem Wetter mit einem breiten schwarzen Strohhut auf dem Kopf und die reparaturbedürftige Harfe auf den Rücken geschnallt durch die Straßen. Ihr typisches Auftreten mit blumengeschmücktem Strohhut und Handharfe wurde oft in Skulpturen und Bildern festgehalten. Da viele Zeitungen und Magazine über die Harfenjule berichteten, reichte Luise Nordamms Ruf bis weit über die Grenzen Berlins hinaus. Die Notlage, in der Luise Nordmann Zeit ihres Lebens steckte, ging dabei jedoch meist unter.

Die Harfenjule ein Berliner Original

Ein hohes Alter erreichte sie trotz ihrer Misere dennoch. Über 80jährig starb Luise Nordmann am 12.Januar 1911 in Berlin. Zwar wurde ihr Ehrengrab, das sie auf dem damaligen "Promifriedhof" in Lichterfelde bekam, während des Zweiten Weltkriegs zerstört, doch eine Privatinitative setzte ihr 1969 auf dem Luther-Kirchhof in Lankwitz einen Gedenkstein. Allerdings ist das nicht das Einzige, was heute noch an die Straßenmusikantin erinnert. Der deutsche Schriftsteller Klabund setzte ihr mit seiner Gedichtsammlung "Die Harfenjule. Neue Zeit-, Streit- und Leidgedichte von Klabund" ein literarisches Denkmal. Im 18. und 19. Jahrhundert waren Wanderharfenspielerinnen eine häufige Erscheinung. Für ein bisschen Kleingeld gaben sie an Straßenecken, auf Jahrmärkten und in Wirtshäusern ihre Musik zum Besten. Der Gedichtband wurde zwar erst 1927, also rund 15 Jahre nach Harfenjules Tod veröffentlicht, passte jedoch ideal zu der damaligen Zeit, da Klabunds Chansons, Bänkellieder und Gedichte mitten ins pralle Leben der 20er Jahre griffen.
Vielen ist die erste Strophe aus Harfenjules Lied noch heute bekannt:

"Emsig dreht sich meine Spule
Immer zur Musik bereit,
Denn ich bin die Harfenjule
Schon seit meiner Kinderzeit"

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