Die Deutsche Tiertafel - Essen für Hartz IV-Haustiere

Von der Straße aus ist die Zentrale der Deutschen Tiertafel im brandenburgischen Rathenow völlig uneinsehbar.
Tiertafel bald auch in Berlin und Potsdam ?
Foto © jeff blood
Ein rostiges Fabriktor gibt die Zufahrt zum Hof der ehemaligen Optischen Werke frei. Die Scheiben im des Gebäudes sind größtenteils zerschlagen, Schlaglöcher übersäen das ungeteerte Gelände. Kein Schild weist den Weg, dafür ist fernes Hundegebell zu vernehmen. Das stammt nicht etwa von streundenden Vierbeinern, sondern den Haustieren von Hartz 4-Empfängern, die in einer kleinen Baracke im Hinterhof ihre Wochenrationen an Trockenfutter und Leckerlies für ihre Liebsten abholen können. Gratis versteht sich. Denn die Tiertafel hilft denen, die ohne die kostenlosen Rationen ihre Haustiere nicht über die Runden kriegen würden.
Adresse:
Tiertafel Deutschland e.V.
Geschwister-Scholl-Straße 10 - 11
14712 Rathenow

Öffnungszeiten der Tiertafel Rathenow:


Mittwoch 16:00 Uhr bis 18:00 Uhr

Ein Tag in der Tiertafel Rathenow


Ein Haustier ist doch Luxus! Sprüche dieser Art bekommt Claudia Hollm, Vorsitzende der Tiertafel Deutschland, oft zu hören. In solchen Momenten würde sie am liebsten vor Wut explodieren. Die meisten hätten ihr sich Haustier schließlich schon Jahre vor der Arbeitslosigkeit angeschafft, so Hollm, "Und in Hartz IV rutscht man schneller als man denkt!". Mit dem finanziellen Abstieg gehe meist auch eine soziale Verarmung einher. Die Vorstellung, in so einer Situation auch noch die geliebte Katze oder den treuen Hund hergeben zu müssen, sei für die meisten ein echter Albtraum. Gerade für ältere Menschen, die von Kleinstrenten existieren müssen, ist das Haustier der letzte Ansprechpartner. "Ein Leben ohne meine Kira? Das möchte ich mir erst gar nicht vorstellen!", meint etwa Hanno Kühne und tätschelt seine Schweizer Sennhündin liebevoll. Der Mittfünfziger, der seit 2005 von Hartz IV lebt, ist einer der Stammkunden von Claudia Hollm. "Meine Kira ist meine ganze Familie", so Kühne, "ansonsten lebe ich alleine!". Als es die Tiertafel noch nicht gab, musste er die 30 bis 40 Euro, die man durchschnittlich im Monat für einen ausgewachsenen Hund für das Futter aufbringen muss, selbst berappen - eine Menge Geld, wenn man auf jeden Cent schauen muss.

Etwa 40 Menschen sind heute zur Rathenower Tiertafel gekommen. Am Monatsende, wenn kein Geld mehr da ist, sind es deutlich mehr, weiß Hollm. In kleinen Plastiksäckchen verpackt gibt es Futter für Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen und Wellensittiche. Gespendet von großen, renommierten Futtermittelherstellen wird es in neutrale Plastiksäckchen umgefüllt. "Sonst finden wir den Whiskas-Multipack später bei Ebay wieder!", erklärt Hollm. Spendengelder ermöglichen es der Tiertafel zudem, den Betroffenen die notwendigen Impfungen für ihre Tiere zu spendieren. "Das wäre bei mir im Budget gar nicht drin!", räumt ein 22-Jähriger ein, der lieber anonym bleiben will. "Allein die Hundesteuer frisst mich quasi völlig auf!". Wie viele hier schämt er sich ein wenig, herzukommen. Dabei legt Hollm allergrößten Wert darauf, ihre "Kunden", wie sie sie nennt, mit vollstem Respekt zu behandeln. "Jeder, der zur Tiertafel kommt, soll sich fühlen, als wäre er Kunde bei Edeka!"

Neben der Zentrale in Rathenow gibt es derzeit bundesweit inzwischen etliche Ausgabestellen, darunter Großstädte wie Frankfurt, München und Hamburg. "Dort stehen oft 300 bis 400 Menschen an", berichtet Hollm, die mit Hilfe von rund 250 ehrenamtlichen Mitarbeitern die deutsche Tiertafel stemmt. Auf dem Expansionsplan stehen rund 30 weitere deutsche Städte, u.a. auch Potsdam und Berlin. Doch gerade dort fällt die Immobiliensuche besonders schwer. Schließlich sollten die Räume mietfrei sein und über ausreichend Stauraum verfügen. Ein Angebot aus Berlin Treptow habe Hollm bereits. Aufgrund der großen Armut in Berlin traue sie sich aber nicht, mit nur einer Ausgabestelle zu starten. "Die Leute rennen uns sonst regelrecht über den Haufen", befürchtet die Rathenowerin, "Es müssten schon mindestens drei Ausgabestellen sein, damit sich der Ansturm halbwegs erträglich verteilt."
Text: A.K. / Stand: 21.06.2014

 
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