Freilichtmuseum Altranft in Bad Freienwalde

Text: -wn- (Journalist aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 18.02.2023

Das Schloss Altranft in dem sich das Freilichtmuseum Altranft befindet
Schloss Altranft südlich von Bad Freienwalde - Foto: © -wn-

Das Museum will Geschichte und Gegenwart des Lebens im Oderbruch zeigen und sich in Jahresthemen mit den aktuellen Herausforderungen des Landlebens auseinandersetzen. Der Empfang des Museums, Ausstellungen, das Museumscafé und der Museumsladen befinden sich im Herrenhaus. Ergänzt wird das Ensemble durch die hübsche, im 18. Jahrhundert erbaute Kirche am Dorfanger, ein historisches Spritzenhaus, einen Bauernhof, eine Schmiede und ein so genanntes Fischerhaus. Für Kinder oder Schulklassen können museumspädagogische Angebote vereinbart werden.

Das Freilichtmuseum Altranft heißt seit 2016 Oderbruch Museum und wurde bis 2020 umstrukturiert! Dieser Artikel befasst sich mit dem ehemaligen Freilichtmuseum Altranft!

Die wichtigsten Infos für einen Besuch

Adresse:
Oderbruch Museum Altranft
Am Anger 27
16259 Bad Freienwalde OT Altranft
Tel: 033 44/ 33 39 11
Anfahrt:
Auto:
B167 Richtung Bad Freienwalde, weiter auf der L182 Richtung Schlosspark, Parkplätze stehen zur Verfügung
Bahn:
RB60 bis Altranft, Bahnhof, dann weiter mit dem Bus 885, 886, 958 bis Altranft, Esser oder zu Fuß

Öffnungszeiten

  • April - Dezember 2022
    Donnerstag - Sonntag und an Feiertagen von 11:00 Uhr - 17:00 Uhr (?)

Eintrittspreise:

  • Erwachsene 8 €, Ermäßigt 5€
  • Kinder + Jugendliche bis 18 Jahre freier Eintritt

Das Brandenburgische Freilandmuseum Altranft: Im Eden der Mark

"Das Land ... ist im Ganzen voll starrer Waldung und scheußlicher Sümpfe, feuchter im Vergleich zu Gallien." Die Informanten des römischen Geschichtsschreibers Cornelius Tacitus (55 - ca.115 n.Chr.) müssen, um in Germanien zu diesem Schluss zu kommen, auch an der Oder unterwegs gewesen sein. An den aufgeweichten Ufern des damals noch breiteren Flusses beeindruckte sie die abstoßende Wildnis der Gemarkung. Beredten Ausdruck findet das in der im Jahre 98 herausgekommenen "Germania" genannten Schrift des Tacitus. Bekanntlich hatte germanischer Schlick, Schlamm und Schmuddel auch die Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr. mit entschieden. Publius Quinctilius Varus (46 v.Chr. - 9 n. Chr.) unterlag Arminius schmählich. Spöttisch sangen die Studenten später im Lied "Als die Römer frech geworden": "O Quintili .../ Er geriet in einen Sumpf, / Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf / Und blieb elend stecken."

Was kann man im Freilichtmuseum Altranft erleben?

Anwohner der von der Natur kaum mit Idyllen verwöhnten Oderlandschaft, an deren Westrand sich auch das Dörflein Altranft findet, waren allem Anschein nach Semnonen und Langobarden - große kräftige Menschen, die sich durch blaue Augen ausgezeichnet und mit stolzen drohenden Blicken um sich geblickt hätten. Ihre naturnahe Lebensweise wird als Grund dafür angegeben, "dass man keine schwächliche, entnervten, ungestaltete Weichlingen unter ihnen fand".
Das will der Theologe und Lokalhistoriker Gottfried Traugott Gallus (1762-1806) im Brandenburg-Buch "für Freunde historischer Kunde" herausgefunden haben. Auch die Kinder seien nach urwüchsigen Maximen aufgewachsen, sie "gingen ganz nakkend bis zu den erwachsenen Jahren, badeten jeden Morgen im Fluss, und übten sich täglich im Rennen, Springen, Schwimmen und Werfen". Im Zuge dieser Übungen hätte "kein wildes Feuer ihre ... Leidenschaften" vor der Zeit entfacht. Es liegt nahe anzunehmen, dass der Gottesmann die Dinge idealisiert - so wie die Germanen übrigens auch bei Tacitus in günstigem Licht erscheinen. Er wollte wohl moralisierend auf die römischen Leser einwirken, denn wir befinden uns kurz vor jenem historischen Zeitraum, der heute mit "spätrömischer Dekadenz" beschrieben wird. Gallus ist jedoch ehrlich genug zuzugeben, dass sich später unter den im Brandenburgischen anwohnenden Völkerschaften "ein unmäßiger Hang zum Trinken" verbreitet hat. Mehr noch: "Alle wichtigen Angelegenheiten wurden (von ihnen) im Trunke überlegt; Ehen, Freundschaften, Bündnisse im Rausch errichtet; Krieg und Frieden trunken beschlossen." Soweit sie an der Oder oder in deren Nähe wohnten, plagten sie demnach zwei Anfeuchtungen: Oft waren sie besoffen, und wegen regelmäßiger Hochflut standen sie vielfach im Nassen.

Zur Vertiefung dieser und anderer Tatsachen bietet das Brandenburgische Freilichtmuseum gute Gelegenheit. Das Haus ist das ehemalige Gutsschloss aus dem 16. Jahrhundert. Es zeigt märkische Lebensumstände, zumindest ab Anfang des 15. Jahrhunderts. Einbezogen ist der Ort selbst auf eindrucksvolle Weise - er hat den Status eines argroethnografischen Freilandmuseums. Neben Gutshaus und Park sind unter Denkmalsschutz gestellte Mittelflurhäuser (mit "schwarzer Küche"), eine ehemalige Schnitterkaserne mit Stallungen, die Spritbrennerei, das Spritzenhaus, die alte Schule, das Wasch- und Backhaus, die Schmiede und die Dorfkirche zu sehen. Im Schloss gibt es eine Interieurausstellung aus der Gründerzeit und Dauerausstellungen zur Bau- und Siedlungsgeschichte sowie der Trockenlegung des Oderbruchs. Seit 1993 gehört Altranft mit seinen rund 900 Einwohnern zu Bad Freienwalde. Die Beschreibungen des Ortes, der hart an der um die 80 Meter hohen Barnimhochfläche liegt, sind euphorisch. Es böten sich in der nachmittelalterlicher Zeit nunmehr "liebliche Landschaftsbilder bekleidet mit dem prachtvollsten Laubwald, mit Eichen und Buchen durchzogen, mit dahin rauschenden Bächen und lachenden Wiesen mit frischestem Grün". "Prallig" sei der Barnim-Rand - das bergmännische Wort bezeichnet den Wechsel von Höhen und Tiefen. Ein Wanderführer aus dem Jahre 1848 kommt gar zu dem Schluss:
"Freienwalde's Umgegend ist das Eden der Mark", in dem die Sonne nicht schlussendlich untergehe, "sondern bei (ihrem) Scheiden mit Rosenglanz das unter (ihr) liegende Tal überzieht und die auf anderen Höhen stehenden Bäume im Pupurlicht erstrahlen" lässt.

Der Wald auf dem Barnim
Wald auf dem Barnim - Foto: © -wn-

Auf über sechs Jahrhunderte kann der Weiler mittlerweile zurückblicken. Erstmals erwähnt wird er im "Landbuch der Mark Brandenburg" von 1375, aus dem man manches über die märkische Siedlungsgeschichte erfährt. Dort steht: "Ramft sunt XXVIII mansi, quorum plebanus IIII." Danach gab es 28 Hufe (Höfe mit Ackerland), von denen vier der Pfarrer besaß. Nicht eindeutig beantworten lässt sich die Genesis des Ortsnamens. Die einen leiten Ranft vom germanischen Ausdruck hramusan (Bärlauch) ab. Ranft könnte auch von Rand herkommen. "Ich arbeit hart und lieg nicht sanft / von grobem brot isz ich ein ranft." Der einen Brotrand, einen Ranft, essende Bauer aus dem Fastnachtsspiel von Hans Sachs ist zumindest ein Fingerzeig. Zwar war der Begriff Immobilie im mittelalterlichen Dorfgeschehen kaum bekannt, was niemand davon abhielt, einen Handel mit "liegendem gut" zu treiben. Ein Beispiel ist auch Altranft. Seine Geschichte ist eine Abfolge von Käufen und Verkäufen. Die Siedlung grenzt ans Pfuhlenland, ein ans Oderbruch stoßendes Stück Ost-Barnim. Die Herren von Pfuhl waren bekannte "Schloßgesessene", die sich nicht nur um die Früchte des Feldes, sondern auch um Kämpfe im Feld kümmerten. Einer der Besitzer ist der preußische Infanterie-General Ernst Ludwig von Pfuhl (1716-1789), Träger des höchsten preußischen Ehrenzeichens, des "Schwarzen Adlerordens". Zudem gehört er zu den wenigen, die noch mit einem persönlichen, den Wert des Ordens weit übersteigenden Beischreiben Friedrichs II. gewürdigt wurden: "Meinem lieben ehrlichen Pfuhl". Selten ließ der Alte Fritz so etwas heraus. Ein anderer Besitzer Altranfts war ab 1652 ein Oberst Wolf Friedrich von Bomsdorf (gest.1676), der im Adelslexikon firmiert als "Chur-Brandenburgischer Obrister über ein Regiment zu Pferde, Kommendant zu Oderberg, und auf Ranfft Erbherr". Er ließ erste Meliorationsarbeiten zugunsten des von Bauern und Fischern bewohnten Ortes ausführen. Ansonsten vermehrte sich das Bomsdorfer Geschlecht in Brandenburg, Thüringen und Schlesien recht kräftig. "Der Stamm hat fortgeblüht", bestätigen die Papiere mit dem Verweis darauf, dass allein der kursächsische Oberhofmeister Loth von Bomsdorf 29 Kinder mit Genuss und Vorbedacht zeugte und deren Geburt erwartungsfroh entgegensah. Nächster Gutsherr ist - vermutlich ab 1739 - Samuel von Marschall (1683-1749). Der neue Eigner "verwallte" das Dorf. Fortan blieb es vor Überschwemmungen schützt, wurde - wie Theodor Fontane schreibt - zu einer "kleinen Festung, die den Anprall des Wassers glücklich abgeschlagen hatte". Gelegentlich einer Reiherbeize (Falknerei) im Bruch sah Affekt-Jäger König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), dass "die geschickt eingedeichten Besitzungen seines Staatsministers von Marschall auf Ranft von diesen Verheerungen wenig oder gar nicht betroffen worden waren". Das Dorf wird zum Musterfall für die Verwallung des Oderbruchs - und von Marschall wird Vorsitzender der Kommission zur Bruch-Trockenlegung insgesamt. Unter seiner Ägide werden später ausländische Kolonisten angesiedelt und neue Orte angelegt. Von Marschall war überdies Vertrauter Friedrichs II. seit dessen Jugendtagen. Er unterweist ihn auch in Sachen Buchführung. Ein eher nebensächlicher Rat wird Folgen haben: Von Marschall empfahl dem jungen König, eingegangene Schreiben zugunsten zügiger Weiterbearbeitung mit richtungsweisenden Randglossen zu versehen. Friedrichs Randbemerkungen wurden literarische Preziosen. Einmal fragte man kirchlicherseits an, ob ein unehelich gezeugter Bewerber auf eine Pfarrstelle gesetzt werden könne. Anmerkung: "Wißt Ihr denn, ob Ihr alle ehelich geboren seid?" Ein Soldat wird wegen Schmuggelei zu einer Strafe von 2000 Taler verurteilt. Anmerkung: "Bevor ich Ihr ... Urteil bestätige, bin ich doch neugierig die Mittel zu wissen, deren man sich bedienen will, einen Soldaten 2000 Thaler bezahlen zu lassen." - 1820 bekommt Graf Wilhelm Werner von Hacke (1785-1841) durch Einheirat das Gut und baut es zum Schloss in heutiger Gestalt um. Peter Joseph Lennè (1789-1866) gestaltet den etwa 3,5 ha großen Schlosspark in englischem Gartenstil. Es gibt ein "Gräflich von Hackesches Gericht", das in der Altranfter Gerichtsstube tagt. Laut Potsdamer Amtsblatt wird dort am 5. Mai 1837 die auf 225 Taler veranschlagte Büdnerstelle des verschuldeten Schuhmachers Friedrich Helwig "subhastiert" (zwangsversteigert).

Der schöne Blick auf das Schloss-Ensemble löste in den 30er Jahren beim "Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt" Albert Speer (1905-1981) Besitzinteresse aus. 1941 ließ er sich das Gut für umgerechnet drei Millionen Euro zusprechen, um nach dem "Endsieg" daraus eine "schlossartige Villa" entstehen zu lassen. Dies belegen Akten eines Moskauer Sonderarchives "Fond 1409", in dem unter Position 023 der "Speer-Besitz Gut Altranft" dokumentiert ist. Zum Glück erreichte die Altranfter Besiedlungsgeschichte diesen Tiefpunkt nicht.

Quellen:
Infos über das heutige Oderbruch Museum haben wir der Webseite des Museums entnommen.
Infos über das ehemalige Freilichtmuseum hat der Autor bei seinem Besuch gesammelt.


Bad Freienwalde im Landkreis Märkisch-Oderland

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