Eiskeller in Berlin

Text: -wn- (Journalist aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Der Eiskeller in Berlin
Der Eiskeller im Winter - Foto: © -wn-

Der Berliner Eiskeller befindet sich im Spandauer Forst. Den Namen bekam das Gebiet, weil es hier im Winter deutlich kälter als im restlichen Stadtgebiet ist.

Der Eiskeller - Berlins Kältepol mit Hitze aus dem Strahlungsloch

Rund 25 Straßenkilometer liegen zwischen dem wärmsten Punkt Berlins, dem Alexanderplatz mit seinen im Sommer nur wenig erfrischenden Nachttemperaturen, und der kältesten Stelle der Stadt: dem Eiskeller im einer Hakennase ähnlichen Westzipfel des Spandauer Forst, einem großen Wald in Berlin.

Schon das Wort Eiskeller macht Frösteln. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts - ab dann wurde Kälte künstlich erzeugt - gehört der Eiskeller zu vielen Wirtschaftshöfen wie Heuboden, Tenne und Stall. Meist bestand er aus Holzdoppelwänden, oder er war ein halb, oft ganz in die Erde gemauerter Speicher für Lebensmittel-Vorräte aller Art. Hermann Sudermann (1857-1928), ein aus Litauen gebürtiger Schriftsteller, macht ihn in seinem "Bilderbuch meiner Jugend" gar zu einem mythischen Depot, das "im Walddunkel verborgen schlief und (das) nur an der Hand des Vaters besucht werden durfte". Die geheimnisvoll erscheinende Entrücktheit hat einen praktischen Grund. Die mit zusammen gefrorenen Eisquadern ausgelegten Keller und Gruben mussten jeglicher Sonneneinstrahlung entzogen und natürlich auch gegen die Erdwärme isoliert sein. Zahlreiche ambitionierte Beschreibungen dieser genialen menschlichen Erfindung liegen vor - als eines natürlich wirkenden Kühlaggregates, in dem "der Mensch in heißen Sommertagen die angenehmste Erfrischung an(trifft), und daselbst, wenn der Leib von der Reise und Hitze fast gänzlich abgemattet ist, gleichsam neue Kräfte (erlanget)". So heißt es in der zwischen 1773 bis 1858 in 242 Bänden (!) erschienenen "Oekonomischen Encyklopädie ... der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft". Der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften war das Thema 1747 wichtig genug, sogar einen Forschungsauftrag an den Sibirienkenner und Militärpfarrer Gabriel Lauräus zu vergeben. Dieser beschrieb, dass die Russen den Eiskeller vor warmer Außenluft schützen und trocken halten, so dass "man den ganzen Sommer und die Hundstage hindurch kaltes und frisches Getränk haben kann und man in der heißesten Zeit in einem solchen Keller frisches Fleisch einige Wochen lang zu erhalten vermögend ist". Lauräus sah, dass der russische Eiskeller das Ansehen der berühmten Banja genoss, des traditionellen Badehauses - und das wollte viel heißen.
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Tiefe Temperaturen im Eiskeller Berlin

Der Berliner Eiskeller ist keine solche Einrichtung mehr; das Wort bezeichnet heute einen Ort. Zwar gab es in früherer Zeit auch an diesem aus Wetterberichten gut bekannten Flecken solche Scheuern für Genuss- und Lebensmittel, in denen Eisquader aus dem nahen Falkenhagener See den ganzen Sommer über für kühle Temperaturen sorgten. Vor allem aber ist die Örtlichkeit als ehemaliges Zwischenlager für das geschlagene See-Eis bekannt. Hier wurde es an Brauereien und Krankenhäuser verkauft. Heute ist mit Eiskeller ein Landschaftsschutzgebiet an der Brandenburgischen Landesgrenze gemeint, das zudem einmal eine Westberliner Exklave auf DDR-Gebiet mit einem vier Meter breiten und 800 Meter langen Zugangsweg war. In diesem 50 Hektar großen Gebiet befindet sich in Gestalt einer 1,8 Hektar großen Wiese ein seltenes flächenhaftes Naturdenkmal. Diese Wiese am Rande des Spandauer Luchwaldes mit seinem Bestand aus Eichen und Eschen sowie den hochwüchsigen Glatthafer-Wiesengesellschaften bewirkt, dass es hier in den Wintern oft um rund 10 Grad kälter ist als in der Berliner Innenstadt. Die Grasfläche ist eine sich muldenartig um den Waldausläufer herum ziehendes Areal mit einigen, nicht auf den ersten Blick sichtbaren Vertiefungen. Diese Dellen sind die Verursacher der erheblichen Temperaturunterschiede. In ihnen staut sich im Winter schwere Frostluft und sorgt in klaren Nächten und bei windschwachen Wetterlagen für die Aufsehen erregend niedrigen Lufttemperaturen. Doch die Eiskeller-Kälte ist nur die halbe Wahrheit. Die Kaltluftseen auf der Wiese machen nur im Winter von sich Reden. Hingegen gab es Frühlingsanfänge und Sommer, in denen sich die Lage ins Gegenteil verkehrte: Eiskeller war plötzlich einer der wärmsten Orte Berlins! Am 28. Juli 2002 etwa wurde in der kleinen Gemarkung mit 30,8 Grad die höchste Temperatur in Berlin gemessen. Die Meteorologen sprechen dann von einem "Strahlungsloch".

Die "arktischen" Wintertemperaturen hielten in den Jahren vor 1970 etwa 20 Menschen, verteilt auf drei Bauernhöfe, nicht davon ab, das Areal bäuerlich zu nutzen. Ein Bewohner, damals Schulkind, ging 1961 im Rahmen der sogenannten Schulschwänzer-Affäre in die jüngere deutsche Geschichte ein. Der Junge hatte seinen Eltern eines Tages erklärt, die DDR-Volkspolizisten, die den Zugang zur Exklave bewachten, hätten ihn auf dem Schulweg nach Spandau belästigt. Er kehrte um. Es war gut erfunden. In der damaligen Atmosphäre des Kalten Krieges wurde die Erklärung des zumindest an diesem Tag lernunwilligen Kindes nicht weiter überprüft und deshalb recht gern für wahr genommen. Ein Bild ging daraufhin um die Welt: Fünf britische Soldaten in einem gepanzerten Auto begleiten nächsten Tages den ausgefuchsten Jungen - dieser auf dem Fahrrad - durch den Korridor aus der Exklave nach Spandau. Die ganze Geschichte - heute eher zum Schmunzeln - kann man in Eiskeller nachlesen.

Der Weg zum Berliner Eiskeller:

Den Berliner Eiskeller erreicht man mit dem Auto über die Spandauer Straße / Falkenseer Chaussee. Nach dem Rechtsabbiegen (stadtauswärts) in die Zwinglistraße ist die Fröbel-, Hayden- und Brahmsstraße zu benutzen, die in den Niederneuendorfer Weg mündet. Dieser Weg führt zum Eiskeller. Mehr Tipps für Ihre Freizeit in Berlin.
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