Deutscher Dom Berlin

Text: -wn- (Journalist aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Deutscher Dom in Berlin
Blick auf den Gendarmenmarkt mit dem Deutschen Dom (links) in Berlin - Foto © pixelklex

Der Deutsche Dom auf dem Gendarmenmarkt

Der Deutsche Dom gehört zu den bedeutenden Sehenswürdigkeiten von Berlin. Er befindet sich gegenüber dem Französischen Dom auf dem Gendarmenmarkt in der Friedrichstadt im Bezirk Mitte! Erfahren Sie hier mehr über die Öffnungszeiten und die Geschichte des Bauwerks.

Der Deutsche Dom in Berlin Mitte

Die wichtigsten Informationen über den Deutschen Dom Berlin auf einen Blick:

Deutscher Dom
Gendarmenmarkt 1-2
10117 Berlin
Telefon: 030 / 22730431

Anfahrt:
U-Bahn: U2, U6 bis Stadtmitte, Hausvogteiplatz oder Französische Str.
Bus: M48 bis Stadtmitte
147 bis Mohrenstr. / Glinkastr. oder Französische Str.

Öffnungszeiten vom Deutschen Dom

Montag geschlossen ( nur an Feiertagen geöffnet)
Dienstag - Sonntag 10:00 Uhr - 18:00 Uhr
von Mai bis September bis 19:00 Uhr
Führungen zwischen 11:00 Uhr und 17:00 Uhr alle 30 Minuten

Eintrittspreise Deutscher Dom

  • Eintritt frei

Der Deutsche Dom befindet sich auf dem Gendarmenmarkt und zählt zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Berlin. Gleich gegenüber steht der Französische Dom. Beide Bauwerke sind für sich sehr interessant und ergeben zusammen ein beeindruckendes Gesamtbild.

Der Deutsche Dom auf dem Gendarmenmarkt: Einsturz, Umsturz, Fenstersturz

Geschichte - Geschichte wohin man auch blickt im Land. Abertausend historische Orte umgeben uns; gar nicht gerechnet die errichteten Denkmäler zum Nachdenken und Erinnern. Manche dieser Orte nimmt man nur noch beiläufig wahr, wir sehen sie einfach zu oft.

Deutsche Dom auf dem Gendarmenmarkt
Der Deutsche Dom auf dem Gendarmenmarkt auf dem Gendarmenmark - Foto © -wn-
Andere machen unvermindert auf sich aufmerksam und erinnern meist an Sternstunden der Menschheit oder an eine solche eines Einzelnen, jedoch auch an Verbrechen von Menschen an Menschen. Die Orte unterliegen einem ungelisteten Ranking. Da ist eine Stätte des unteren Levels: An einem einsamen Weg im deutsch-böhmischen Grenzwald des Erzgebirges übersehen die Wanderer meist einen kleinen, mit Moos bewachsenen Basalt, den Räuberstein. Er stammt aus dem 17. Jahrhundert, als die Bauern in den Waldhufendörfern verpflichtet waren, in den Wäldern Wilddiebe selbstjustiziell zu jagen. An der Stelle, an der die Gebirger den Räuberstein aufstellten, hatte zuvor ein überraschter Wilddieb seinen Verfolger hinterrücks erschossen und war geflohen. Geht man heute dort vorbei und erkennt die Stelle, fühlt man: Hier geschah etwas Außerordentliches. Und erlebbar ist eine sehr abgeschwächte Form persönlichen Dabeiseins - je mehr man die Phantasie spielen lassen kann, je ausgeprägter ist diese gefühlte Anwesenheit. Nun ein höheres Level: Wir gehen nach Weimar, in Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) Haus am Frauenplan - unzweifelhaft ein Ort, noch historischer als der Räuberstein. Hat der Weimar-Tourist sein Billet an der Kasse erstanden, ist er bald an der großen Treppe, die hinauf zu den repräsentativen Räumen des Hauses führt. Und auch hier sagt sich der Besucher mit einem Gefühl zwischen Interesse, Ahnung und Ehrfurcht: Diese Stufen beschritt nun - wie gerade jetzt ich - der große Goethe. War der doch sogar am 2. Oktober 1808 von Napoleon (1769-1821) persönlich in Erfurt zum Frühstück geladen - na, gut: Bonaparte frühstückte allein und der Weimarer Dichter musste stehend dabei zusehen! Und der interessierte Besucher des Hauses am Frauenplan kann die Treppe gar nicht als historisch genug empfinden, weil auch viele erlauchte deutsche Geister sie benutzten. Im Jahre 1816 geht auf ihr die zum Essen eingeladene Charlotte Sophie Henriette Buff (1753-1828) hinauf. Charlotte, Goethes Jugendfreundin aus jungen wilden Tagen, wurde das literarische Vorbild der Lotte im Bestseller "Die Leiden des jungen Werthers". Thomas Mann (1875-1955) schrieb über die Begegnung beider nach vierundvierzig Jahren den heiteren Roman "Lotte in Weimar". (Hat man sich an die schön gefügten, gelegentlich langen, an Einfügungen reichen Sätze des Autors gewöhnt, wird man den Roman als lustvoll verfasst empfinden.) Lotte, heißt es dort, "war beeindruckt von der Noblesse des Treppenhauses, ... dem breiten Marmorgeländer, den in splendider (großzügiger) Langsamkeit sich hebenden Stufen, dem mit schönem Maß verteilten antiken Schmuck überall." Wer den Roman las, wird nun vor Ort feststellen: "Ja, so sieht das hier tatsächlich aus." Wieder kommt einem das Historische heftig an, und vor allem: Ist man doch den Leuten nahe, die hier treppauf und treppab gingen und von denen die Geschichtsbücher berichten.

Auf dem Gendarmenmarkt: Klassische Formenstrenge als faszinierend modern empfunden

chiller-Denkmal vor dem Konzerthaus auf dem Gendarmenmarkt
Das Schiller-Denkmal vor dem Konzerthaus auf dem Gendarmenmarkt; ohne die "Geliebten Schwester" Charlotte (Ehefrau) und Caroline (Dritte im Bunde). Zu Füßen des Dichters die weiblichen Allegorien der Tragödie (Vordergrund), der Geschichte (rechts), der lyrischenDichtkunst (links) und der Philosophie (hinten, verdeckt) Foto © -wn-

Nun die Variante: Gleichmütiger Blick auf geballte Historie. Wir gelangen vor den Deutschen Dom auf dem südlichen, der Leipziger Straße zugewandten Teil des Berliner Gendarmenmarktes. Ins Spiel kommt rein zufällig die attraktive Wachschützerin, die hier (nur wegen des schönen Stabreimes) Wanda genannt werden soll. Während einer Arbeitspause raucht sie vor dem Eingang des Domes eine Zigarette. Auf die Frage, ob sie sich nicht wohlfühlt auf diesem faszinierenden Posten auf dem schönsten Platz Europas, sagt sie leider nicht das Erwartete. Sagt nicht, sie empfände, dass hier klassische Formenstrenge dem menschlichen Empfinden als faszinierend modern erscheint und dass einem das Großartige des Ortes nicht pompös, sondern natürlich gewachsen vorkommt. Die Wanda sagt vielmehr, nachdem sie den per Lungenzug eingesogenen Aerosol-Rauch in die Berliner Luft zurückgeblasen hat: "Ach ja, is ganz schön hier." Von den Stürzen, die sich hier zutrugen, hat sie nichts gehört. Nichts vom spektakulären Turmeinsturz, dessen Trümmer auch an der Stelle niedergingen, an der sie gerade steht - die Sache liegt natürlich schon (von 2014 an gerechnet) 233 Jahre zurück. Was damals geschah? 1781 lässt der König in Preußen Friedrich II. (1712-1786) an die damalige Simultankirche für die deutsch-reformierte und die lutherische Gemeinde einen für das Gotteshaus unwichtigen Turm anbauen; ein gleicher entsteht gegenüber an der Französischen Friedrichstadtkirche. Am frühen Morgen des 28. August, gegen drei Uhr, stürzt der halbfertige Turm der Simultankirche nach der Marktseite hin ein. Der Hofchronist Friedrichs II., Karl Heinrich Siegfried Rödenbeck (1774-1860), vermerkt für diesen Tag im "Geschichtskalender aus Friedrichs des Großen Regentenleben": "In der Nacht stürzt der im Bau begriffene Thurm der Deutschen Kirche auf dem Gensd'armenmarkt in Berlin ein." Dass dieses Unglück, bei dem kein Mensch zu Schaden kam, den König überhaupt interessierte, hatte seinen Grund in dem Entschluss des bauwütigen Monarchen, den Gendarmenmarkt repräsentativ zu gestalten. Der Clou des Ganzen sollten eben die zwei angebauten sakralen Türme an der Deutschen und an der Französischen Kirche sein - eine Vorstellung, die wir heute als durchaus verwirklicht ansehen können. Weil die beiden Türme von den eingewanderten Hugenotten "dôme" genannt wurden, heißen die Gebäudekomplexe bis heute Dome. Der cholerische Friedrich geriet nach dem Unglück im ersten Moment in Rage und lastete das Debakel Baumeister Carl von Gontard (1731-1791) an. Der war zwar seinen Job los, musste aber keine weiteren Folgen befürchten. Denn der König gab später indirekt zu, dass seine Ungeduld und seine beständige Antreiberei die Ursachen für den Einsturz waren. Oft hatte er sich mit seinen Konstruktionswünschen gegen den Architekten durchgesetzt. Bauschäden waren die Folge.

Zu den Gründen der Malaise zählte auch der nicht ausreichend berücksichtigte morastige Berliner Untergrund. In der Diskussion über den Turmeinsturz wird auch eine Ursache benannt, die uns heute noch sehr bekannt vorkommt. Wie der evangelische Theologe und Geograf Anton Friedrich Büsching (1724-1793) in einer Berlin-Beschreibung 1775 vermerkt, würden "Arbeiten welche das Bauen erfordert, (oft) denjenigen überlaßen, welche am wenigsten dafür verlangen, so sorgen die gewissenlosen Leute für ihren Nutzen durch die schlechte Beschaffenheit ihrer Werke, und so gehet, was auf einer Seite ersparet wird, auf der anderen Seite verlohren". Der Autor beschreibt eine frühe preußische Form der heute noch bekannten unrealistischen, teils betrügerisch niedrig gehaltenen Kostenvoranschläge. Friedrich wies einen sofortigen Neuaufbau des Turmes an. Der Chronist trägt für den 12. September 1781 ein: Der König "in Berlin, besucht die Prinzessin Amalie (1723-1787), nimmt den Bau der Thürme auf dem Gensd'armenmarkt in Augenschein. Und geht dann nach dem Gesundbrunnen, wo er übernachtet". Die Türme beider Kirchen, die wir heute zum Charakteristischen des Platzes zählen, waren nie unumstritten. Der Publizist August Julius Langbehn (1851-1907) nennt sie "außen klassisch, prunkreich, vielgegliedert, anspruchsvoll; und innen: zwecklos". Der preußische Kommandogeist habe "über seinen Bereich hinausgegriffen; weder Kunst noch Bildung lassen sich auf Kommando erzeugen". Und der Historiker Johann David Erdmann Preuß (1785-1868), der 1833 den Zorn des (seit 47 Jahren toten) Friedrichs II. nicht mehr zu fürchten brauchte, kommt sogar zu dem Schluss: "Manche Bauwerke aus Friedrichs Regierung: der Dom (am Lustgarten), die Bibliothek, die Gensd'armenthürme erreichen nicht die Großartigkeit, in den das Schloss und das Zeughaus ... prangen."

Geschichte des Deutschen Dom: Die Treppe zum Dom - ein historischer Ort aus der Zeit Revolution von 1848

Der kleine Raucherpoint der Wachfrau Wanda ist fernerhin einer der Orte, an denen sich das Ende eines Umsturzes abzeichnete, den wir heute die gescheiterte deutsche Revolution von 1848 nennen.Etwa dort, wo die uniformierte Dame pausiert, endete seitlich eine noch höher reichende Stellage, in der 183 (von 277) Märzgefallenen aufgebahrt waren. In der Nacht zuvor hatten hunderte Arbeiter vor dem Deutschen Dom beim Schein von Fackeln einen großen blumengeschmückten Katafalk errichtet. Der Historiker Wilhelm Zimmermann (1807-1878) beschreibt die Szenerie an diesem anbrechenden 22. März 1848 in seinem Buch "Die deutsche Revolution": "Die Säulen der Kirche waren mit Trauerflor und grünem Laube geschmückt, und die hundertdreiundachtzig Särge, neben und übereinander gestellt, zeigen sich auf dem Katafalk den Augen. Liebe Hände hatten auf jeden Sarg Kränze und Schleifen gespendet, und auch der Aermste hatte irgendein ein kleines Liebesopfer gefunden ... Am meisten zeichneten sich die Särge des Regierungsreferendärs von Lensky, und des Studenten von Holzendorf aus. Da, wo dem Letzteren ... die Kugel mitten durchs Herz geschlagen hatte, war eine dreifarbige (schwarz-rot-goldene) Kokarde auf die Schusswunde geheftet." Das Scheitern der Revolution von 1848 zeigte sich selbst am Schicksal des Bildes "Aufbahrung der Märzgefallenen" von Adolph Menzel (1815-1905). Der Maler hatte sich an diesem Morgen etwa in Höhe des heutigen Schillerdenkmal aufgestellt und blickte auf die Freitreppe des Deutschen Domes. Er malte das (offenbar) einzige authentische Bild dieser Massenaufbahrung, das wir kennen. Das Bild, das heute in der Hamburger Kunsthalle hängt, bleibt unvollendet. Aus Richtung der östlichen Markgrafenstraße herandrängende Menschen sind auf ihm nur als Bleistiftskizzen zu sehen. Wie der Stuttgarter Kunstwissenschaftler Jan-Arne Sohns schreibt, habe der Maler das Bild immer "mit Wohlwollen betrachtet und, da an eine Fertigstellung aus politischen Gründen (Restauration der alten Verhältnisse) nicht mehr zu denken war, kurzerhand signiert und verkauft". Nach einem evangelischen Gottesdienst in der Kirche werden an diesem geschichtsträchtigen Märztag vor dem Gotteshaus kurze Ansprachen von einem evangelischen, einem katholischen und einem jüdischen Geistlichen gehalten, bevor die Särge ab 14.30 Uhr unter großer Anteilnahme der Berliner Bevölkerung zum Friedhof der Märzgefallenen gebracht werden. Der Weg des Trauerzuges geht über die Charlottenstraße und die Linden zum Schlossplatz hin, wo Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) vor den vorbei getragenen Leichen den Hut ziehen muss. Das hindert den Monarchen nicht daran, später alles für eine Restauration der alten Verhältnisse zu tun.

Deutscher Dom - Kunst und Kultur:
Dass eine solche Gefahr gesellschaftlichen Rückschritts heute möglichst gegen Null geht, dafür steht im Inneren des Deutschen Domes die Ständige Ausstellung des Deutschen Bundestags "Wege, Irrwege, Umwege. Die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland". Das Interesse an ihr darf man sensationell nennen. Die Schau wurde bisher von mehreren Millionen Menschen besucht. Sie billigt dem bürgerlichen Rechtsstaat das zu, was er bei allen Unvollkommenheiten und ernsten Zuständen in der politischen Führungsschicht, ist - eine Errungenschaft zivilisatorischen Ausmaßes. So sehr die heute unter solchen Verhältnissen Lebenden dies für sich als einen Glücksumstand betrachten können - so tritt die Ausstellung doch einem noch verbreiteten Irrtum entgegen. Es bleibt die Freiheit als ein hohes Gut nicht bestehen, wenn - wie auch behauptet - jeder nur seine egoistischen Ziele verfolgt. Deshalb ist der weitsichtige Gedanke des Königsberger Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) auch aktuell überlebenswichtig. In seiner "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" von 1786 mahnt er jeden Einzelnen: "Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst."

Die Ausstellung, die diesem Gedanken verpflichtet ist, ist in Ebenen gegliedert und behandelt u.a.

  • den deutschen Frühparlamentarismus und die Revolution 1848/49
  • den Parlamentarismus im kaiserlichen Deutschland und in der Weimarer Republik
  • den NS-Staat und den Scheinparlamentarismus in der DDR
  • die Parlamentsarchitektur in Deutschland
In der oberen Turmebene befindet sich die "Sonderausstellung Deutscher Dom - Bauwerk im Wandel".

Zum Turmeinsturz von 1781 und zum Umsturz von 1848 kommt nun noch ein Fenstersturz hinzu, der dann aber doch letztlich nicht ausgeführt wurde. 2004 werden auf dem Gendarmenmarkt Kulissen für die Neuverfilmung des Jules-Verne-Klassikers "In 80 Tagen um die Welt" aufgebaut. Der US-amerikanische Filmregisseur, Schauspieler und Drehbuchautor Frank Coraci (geb. 1966) war auf die Idee gekommen, den Deutschen Dom in die Bank von England zu verwandeln. Auf dem aufwendig umgebauten Platz beginnt und endet das Abenteuer von Gentleman Phileas Fogg (Steve Coogan) und seines pfiffigen Dieners Passepartout (Jackie Chan). Der Actionstar Jackie Chan (geb. 1954) sollte eigentlich mit einem waghalsigen Sprung aus einem der Fenster des Doms auf eine unsichtbare weiche Unterlage stürzen - auf der Flucht vor der britischen Polizei. Die Szene wird dann aber doch zu ebener Erde gedreht und nachher per elektronischer Bildbearbeitung in die Domkulisse eingefügt. So kam es zum geplanten und abgesagten Fenstersturz am Deutschen Dom aus großer Höhe. Ob sie das auch beobachtet habe, kann man Wachfrau Wanda nicht mehr fragen. Sie ist wieder an die Arbeit gegangen und bewacht die sehenswerte Ausstellung im Dominnern, die auch die Ergebnisse eines gelungenen Umsturzes darstellt. Des friedlichen von 1989.

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