Gethsemanekirche in Berlin Prenzlauer Berg

Text: -wn- (Journalist aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg
Die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg - Foto: © -wn-

Die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg wurde 1891 - 1893 erbaut. Sie befindet sich im beliebten Helmholtzkiez. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die Geschichte der Gethsemanekirche:

Die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg

Keinesfalls soll die Gethsemanekirche, eine der größten in Berlin, mit der Basilika Sacré-Coeur in Paris verglichen werden. Sicher lässt sich sagen, dass über der Kirche mit ihrem imposanten Westturm und dem von ihr dominierten umliegenden Häuserkarree zumindest ein Hauch von Montmartre liegt. Wer hier wohnt, hat Bäcker und Antiquariat, Bierkneipe und Indien-Boutique, Zeitungsshop und Straßenkaffee, Eisen- und Kurzwaren, Kindertrubel und Touristenströme auf engem Raum. Zwischen 1899 und 1900 schuf hier der Architekt Alfred Messel (1853-1909), Verfechter eines funktionsbetonten Baustils, Arbeiterwohnungen, die heute noch genutzt werden. Gegenüber der Kirche schuf er eine Randbebauung um einen gärtnerisch gestalteten Hof, die die beengenden Verhältnisse der Mietskaserne überwinden sollte.

Auch ein paar Prominente sind ansässig. In einem der Messel-Häuser wohnt die Schauspielerin U.W. Schon ihr Vater war hier bekannt, ein frohsinniger Metallarbeiter, der abends gern ein Stündchen mit dem Spitz vor der Haustür stand und bekannte Vorbeigehende in Gespräche zog. Ab und zu sitzt Rundfunkmoderator E.G. im Biergarten gegenüber dem Kircheneingang. Zu seinen Lebzeiten kam Rudolf Bahro oft mit dem Fahrrad vorbei.

Infos für Ihren Besuch

Adresse:
Gethsemanekirche
Stargarder Str. 77
10437 Berlin
Tel: 030/ 445 77 45

Anfahrt:
U-Bahn: U2 bis Schönhauser Allee
S-Bahn: S8, S41, S52, S85 bis Schönhauser Allee
Tram: M1, 12 bis S Schönhauser Allee

Öffnungszeiten der Gethsemanekirche:

Gottesdienste:
sonntags 11:00 Uhr mit Kindergottesdienst
In den Schulferien kein Kindergottesdienst

Offene Kirche:
Montag - Freitag 10:00 Uhr - 18:00 Uhr
Im Winterhalbjahr Oktober bis Februar unregelmäßig

Konzerte in der Gethsemanekirche:

Derzeit liegen uns keine Informationen über Konzerte in der Gethsemanekirche vor.

Die Gethsemanekirche ist eine der bekannteren Sehenswürdigkeiten in Berlin. Nicht nur die Architektur ist sehenswert, sondern auch die am und in der Kirche stehenden Skulpturen.

Geschichte der Gethsemanekirche

Der Kiez-Maler Dieter Raedel ist im Areal - sofern in der Kirche nicht ein Konzert stattfindet - der Mann für die Kunst. Wenn die Sonne scheint, bietet er am Kirchenzaun seine Arbeitsprodukte feil. Das Gotteshaus sowie Plätze und Straßen im Dreh sind Sujets seiner Bilder in Öl und Acryl auf Leinwand. Alle Käuferzielgruppen passieren seine Zaun-Galerie an der neugotischen Hallenkirche, die 1893 fertig gestellt wurde. Das Innere des lang gestreckten Klinkerbaues ist überraschenderweise ein großes Achteck mit romanisierenden und gotisierenden Elementen. Der Neubau, dessen Namen Wilhelm II. seinerzeit geruhte persönlich auszusuchen, ist nur 100 Meter von der Schönhauser Allee entfernt, ein kurzes Stück der Stargarder Straße, das im Herbst 1989 zum Aufmarschraum für Demonstranten und Polizei wurde.

1989 Oppositionelle in der Gethsemanekirche in Berlin Prenzlauer Berg

Am Abend des 8. Oktober, einem Sonntag, hatten sich in der Kirche etwa 3000 Oppositionelle in einer von explosiver Endzeitstimmung geprägten Atmosphäre zur Andacht versammelt und kamen anschließend wieder heraus. Da baute sich im Trubel ein untersetzter ziviler "Ordner" vor dem Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg Gottfried Forck (1923-1996) auf und schrie ihn bissig an: "Kümmert euch um euere Bibel und nicht um unseren Staat!" Für einen Moment schaute der hochgewachsene Bischof dem Schreienden schweigend und fast mitfühlend in die Augen. Ahnte der Kirchenmann schon, dass diese zehn Worte die allerletzte öffentliche Verlautbarung der dogmatischen Hohenpriester auf dem Boden des Stadtbezirks sein würden? Allerdings schlug kurz danach die "Schar mit Schwertern und mit Stangen", wie das Neue Testament die in den Garten Gethsemane eingefallene Tempelwachen-Einheit beschreibt, ein letztes Mal zu. Polizei-Sondereinheiten kesselten die Kirchenbesucher ein und trieben sie in alle Richtung.

Erst am 9. Oktober abends wurde die Belagerung der Gethsemanekirche plötzlich beendet. Viele Anwohner waren auf die Straße gekommen. Siegesstimmung und Erleichterung verbreiteten sich. Vor der Kirche erstrahlte ein Meer aus Lichtern. Dieter Raedel gab an die mit leeren Händen gekommenen Demonstranten Kerzen aus, die er in der Drogerie an der Ecke gekauft hatte. Sein damals neunjähriger Sohn unterstützte die revolutionäre Bewegung mit leeren Gurkengläsern - als Windschutz für die Kerzen. An diesem glücklichen Abend mit seinen hochgeschraubten Erwartungen an die Zukunft ging für die Gethsemanekirche ein stürmisches Kapitel zu Ende. Mehr über die friedliche Revolution in der DDR erfahren Sie im DDR Museum Berlin.

Auch heute ist die Gethsemanekirche ein besonderer Ort!

Erst Jahre später war sie wieder im Gespräch: Während des Ökumenischen Kirchentags 2003 fand hier eine gemeinsame Abendmahlsfeier evangelischer und katholischer Christen statt. Das Gedächtnismahl war eine Feier mit Folgen. Der teilnehmende katholische Priester Gotthold Hasenhüttl wurde bald darauf wegen Verstoßes gegen die katholische Kirchendisziplin suspendiert. Man fragt immer noch: Was würde Jesus dazu sagen?

Tipp für Berlin-Besucher: Nach Besichtigung der Kirche können Sie zum Beispiel durch den nahegelegenen Mauerpark spazieren. Er ist ein beliebtes Ausflugsziel vieler Berliner, da im Mauerpark vor allem am Wochenende Künstler und Musiker auftreten. Oder Sie bummeln durch das ebenfalls nicht weit entfernte Einkaufszentrum Schönhauser Allee Arcaden. Beide Locations laden zum Verweilen ein.

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