Humboldt Universität Berlin

Text: -wn- (Journalist aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

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Die Humboldt Universität Berlin / Foto: © lexan

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Die Humboldt-Universität zu Berlin: Ein Palais avanciert zur Alma Mater

Ein Mann, der nicht wurde, was er wollte - und ein Haus, das nicht blieb, was es war - das gehört zu den von Zeitgeist, Zwang und Zufall ausgelösten Geschehnissen um das ehemalige Prinz-Heinrich-Palais Unter den Linden in Berlin. Bevor aber die Geschichte der Berliner Universität im preußischen Reformprozess auch mit seinen aufbrüchlerischen Hoffnungen auf einen freien Wissenschaftsbetrieb ihren Anfang nimmt, stehen da zwei Brüder - miteinander und gegeneinander: König der eine, Friedrich II. (1712-1786), der andere Prinz geblieben. Es ist der 14 Jahre jüngere, weniger bekannte Friedrich Heinrich Ludwig von Preußen (1726-1802), erfolgreicher Feldherr, Diplomat, kunstsinnig und belesen. Die so unterschiedlichen Männer haben auch Gemeinsames: Die romantisierende Residenzerfahrung im Schloss Rheinsberg - Friedrich in der Jugend, Heinrich später. Auch wegen ihrer in höchster Unlust eingegangenen Ehen ähneln sie sich. Die Paarungen erweisen sich als wenig glückhaft; zumal man bei beiden von schönen und begehrenswerten Männern wahrlich nicht sprechen kann. In einer anonymen Biografie wird Friedrich so geschildert: "Sein Wuchs betrug nicht über 5 Schuh (und) einige Zoll (etwa 155 Zentimeter). Der Kopf hieng etwas nach der Seite ... Sein Gesicht, das weder voll noch mager war, hatte starke und ernsthafte Züge; die Nase war lang, und die Augen drükten besonders den Zorn auf eine schreckbare Art aus." Heinrich hat dafür ein pockennarbiges Gesicht und ist noch kleiner als der mittelgroße Bruder. Nicht unwichtig: Sie wissen beide mit Frauen wenig, besser: gar nichts anzufangen.

Sitzbild Alexander von Humboldts
Sitzbild Alexander von Humboldts vor der Humboldt-Universität von dem Bildhauer Reinhold Begas (1831-1911) / Foto: © -wn-
Auch gottfern sind sie. Friedrichs Bekenntnis lautet: Post mortem nihil est - Nach dem Tod ist nichts. Ähnlich sieht es der Bruder. Theodor Fontane (1819-1898) schreibt, Heinrich habe zwar "ein Exemplar der Bibel in seinem Kabinett, aber er hatte sie nur, wie man in einem Proceß die Akten der Gegenpartei ... um sich hat". Ansonsten dominieren Differenzen, Dilemmas und Diskrepanzen. Friedrich ärgert besonders, dass Heinrich ihm - nach Meinung vieler - im Kriegshandwerk überlegen ist. 1756 marschieren die Preußen ohne Kriegserklärung in Sachsen ein; es beginnt der Siebenjährige, der dritte der schlesischen auf Geländegewinn angelegten Kriege. Heinrich kommandiert eine Brigade. In der Prager Schlacht handelt er geschickt, umgeht den Gegner und trägt zum Sieg bei. Auch in der Schlacht bei Roßbach (1757) befehligt er die entscheidende Attacke. Der missgünstige König gibt sich dennoch den Anschein des Herzlichen. Er wird seinen Bruder am Ende des Krieges als "den einzigen General (bezeichnen), der nie einen Fehler beging". Heinrich hatte Friedrich mehrfach vorgehalten, dass er zwar selbst vorn mitkämpft, jedoch nur frontal "Schlachten schlage", statt auch taktisch, zum Beispiel defensiv, zu agieren, nicht zuletzt um Menschenleben zu schonen. Friedrich war klar, dass sein Konkurrent Heinrich unter "seiner Fuchtel" bleiben muss. Dieser bekommt im Berliner Forum Fridericianum ein eigenes Palais. Dazu der Berliner Publizist Gianluca Falanga (geb. 1977): "Die prachtvolle Residenz im Herzen Berlins, mit der (Friedrich) den Prinzen ... in seiner unmittelbaren Nähe halten wollte, ist Ausdruck und Symbol seiner außergewöhnlichen Beziehung zu dem jüngeren Bruder." Das Palais, für das am 8. Mai 1749 der Grundstein gelegt wurde, wird neben Opernhaus, Hedwigskathedrale und Königlicher Bibliothek eine der wesentlichen Augenfälligkeiten des Forums sein. Das damals noch U-förmige Hauptgebäude der heutigen Universität ist das bekannteste Bauwerk des aus den Niederlanden nach Preußen eingewanderten Baumeisters Jan (Johann) Bouman (der Ältere; 1706-1776). Anfang der 20er Jahre erhält das Gebäude durch Anbauten seine heutige markante H-Form.

2000 Gäste im neuen Prinz-Heinrich-Palais Unter den Linden

Für den 24. Januar 1766 vermerkt der Chronist Karl Heinrich Siegfried Rödenbeck (1774-1860) im "Geschichtskalender aus Friedrichs des Großen Regentenleben": "Feier des (44.) Geburtstags des Königs, welcher mit der Königin und sämtlichen anwesenden Prinzen und Prizessinnen bei dem Prinzen Heinrich speist." Viele Berliner hätten die Straße gesäumt, um die Ankunft der königlichen Kutsche mitzuerleben. 2000 Gäste streben ins Haus. Heinrich "führte den Bruder durch die Räume und Säle seiner dreiflügeligen neuen Residenz. Spiegel, Kronleuchter, Möbel und Tapeten, alles war von prächtigster Ausstattung." Zu diesem Zeitpunkt aber hatte Heinrich schon einen Koffer in Rheinsberg. Das Schloss dort, das sein langjähriger Wohnsitz und Musenort werden sollte, hatte ihm der König aus Anlass der Eheschließung mit Wilhelmine von Hessen-Kassel (1726-1808) übereignet. Ansonsten verhinderte Friedrich aber jedes zivile Fortkommen des Bruders. Nach dem Tode des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. (1696-1763), der auch König von Polen ist, wird Heinrich die Nachfolge des Verstorbenen angetragen. Er würde ganz gern, doch Friedrich sagt nein. Er fürchtet einen Konflikt mit Russland. 1787 wäre Heinrich König von Amerika geworden, sofern das Land nach den Unabhängigkeitskriegen (1775‒83) eine Monarchie geworden wäre. Der amerikanische General Friedrich Wilhelm von Steuben (1730-1794) hatte ihm diese Offerte gemacht. Wieder nichts. Nun rechnete sich Heinrich aus, vielleicht Friedrichs Nachfolger zu werden. Aber im Testament des Bruders heißt es: "Ich überlasse meinem lieben Neffen, Friedrich Wilhelm, das Königreich Preußen ..." Heinrichs Name erscheint auf Position 9 von 33. Er erbt "200000 Thaler, 50 Anthal (Eimer) Tokaier und den schönen Lüstre von Bergkristall zu Potsdam, den Ring mit dem grünen Diamanten, den ich trage, zwei Handpferde sammt ihren Schabracken (verzierte Decken unter den Sätteln) und einen Zug (Gespann) preußischer Pferde". Nachfolger Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) verzichtet auf Heinrichs Ratschläge. Der so Gemiedene geht als Beinahe-König in die Geschichte ein. Er entschließt sich, fortan in Rheinsberg zu leben. Im Palais wohnt die Ehefrau des homosexuellen Prinzen.

Nach Heinrichs Tod 1802 und nach dem Ableben seiner Frau sechs Jahre später fällt das Palais in den Staatsbesitz zurück. Es beginnt die Erfolgsgeschichte der ab 1828 nach Friedrich Wilhelm benannten Universität, die ab 1949 mit Bezug auf Alexander und Wilhelm Humboldt (1769-1859; 1767-1835) auf den Namen dieser beiden Gelehrten umbenannt wird. Der in ihrer Gründerzeit regierende König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) will das noch leere Gebäude für öffentliche Zwecke freigeben. Zunächst will man das Militärkabinett etablieren, später ist von einer Brauerei die Rede und danach von der Königlichen Postzentrale. Friedrich Wilhelm erweist sich als energischer Universitätsstifter. Er hat auch guten Grund, für seinen angeschlagenen Ruf etwas zu tun. Nach seiner unüberlegten Kriegserklärung an Napoleon im Oktober 1806 hatte ihn Friedrich Engels (1820-1895) den "größten Holzkopf (genannt), der je einen Thron bestiegen hat", und in Berlin macht ihn die Journaille, als er nach der verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 mit seiner Frau Luise (1776-1810) nach Memel (Klaipėda) geflüchtet war, lächerlich mit der Injurie "Unser Dämel sitzt in Memel". Und doch beginnt der introvertierte und gehemmte König ab 1807 den preußischen Reformprozess zu befördern. "So wichtig die Reformbürokraten waren", schreibt der Historiker Christopher Clark (geb. 1960) "hätten sie ihre Pläne ohne seine Unterstützung nicht durchführen können". Ein großer Bereich dieser Reformen ist die Bildung. Und so stellt der Gelehrte und Politiker Wilhelm Freiherr von Humboldt im Mai 1809 beim König einen "Antrag auf Errichtung der Universität Berlin", nachdem die zu Preußen gehörende Universitätsstadt Halle an das Königreich Westfalen abgetreten werden musste. Von Humboldt weiß auch zu schmeicheln: "Es wird befremdend erscheinen, dass ich im gegenwärtigen Augenblick einen Plan zur Sprache zu bringen wage, dessen Ausführung ruhigere ... Zeiten vorauszusetzen scheint. Allein Ew. Königl. Majestät haben auf eine so vielfache und einleuchtende Weise gezeigt, dass Sie auch mitten im Drange beunruhigender Umstände, (darunter) den wichtigen Punkt der Nationalerziehung und Bildung, nicht aus den Augen verlieren." Nach Humboldts Vorstellung sollte die Berliner Alma Mater "zu einem Vorbild für die Einheit von Forschung, Lehre und weltanschaulicher Bildung und zu einem Sammelpunkt bedeutender Gelehrter" werden. Sie sollte "in einem Zeitpunkt, wo ein Teil Deutschlands vom Krieg verheert, ein andrer in fremder Sprache von fremden Gebietern beherrscht wird, der deutschen Wissenschaft eine vielleicht kaum jetzt noch gehoffte Freistatt eröffnen". Es ist ein Ziel, das - abgesehen von den Nazi-Jahren - durchaus nicht verfehlt wurde.

Sitzbild Wilhelm von Humboldts
Sitzbild Wilhelm von Humboldts vor der HU in Berlin von dem Bildhauer Paul Martin Otto (1846-1893) Foto: © -wn-

Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. eröffnet 1810 die Berliner Universität

Noch im selben Jahr verfügt der König die Errichtung der Berliner Universität im ehemaligen Palais des Prinzen. Obwohl die geschichtsentscheidende Völkerschlacht bei Leipzig (16. - 19. Oktober 1813) noch bevorsteht, bei der sich Preußen von der Napoleonischen Fremdherrschaft befreit, könnte Friedrich Wilhelm bereits eine Ahnung von Bonapartes geschichtliche Doppelbedeutung bekommen haben. Heute ist es weitgehend unumstritten, dass man "Napoleon sowohl als kühnen Schöpfer der modernen Welt wie als satanischen Zerstörer des alten Europas schildern (kann) - und wird mit beidem recht haben" (Die ZEIT). Am 15. Oktober 1810 wird die Universität mit 256 eingeschriebenen Studenten eröffnet. In einem Bericht heißt es: "Eine Inaugurationsfeier ... fand nicht statt. Schmuckloser als die Alma Mater Berolinensis trat nur selten eine Universität ins Leben." Am 29. Oktober 1810 beginnt der Vorlesungsbetrieb in den frisch getünchten und noch nach Farbe und Mörtel riechenden Hörsälen. Die ansteigenden Studentenzahlen führen bald zu spürbarer Enge, von der auch der Student Heinrich Heine (1797 od. 1799 od. 1800-1856) berichtet. Er ist von 1821 bis 1823 immatrikuliert. Dieser nennt die Universität in seinen "Briefen aus Berlin" "fürwahr, ein herrliches Gebäude! Nur Schade, die wenigsten Hörsäle sind geräumig, die meisten düster und unfreundlich, und was das Schlimmste ist, bei vielen gehen die Fenster nach der Straße, und da kann man schrägüber das Opernhaus bemerken. Wie muss der arme Bursche (der Student) auf glühenden Kohlen sitzen, wenn die ledernen, und zwar nicht Saffian- oder maroquiledernen (weiches Ziegenleder), sondern schweinsledernen Witze eines langweiligen Docenten ihm in die Ohren dröhnen, und seine Augen unterdessen auf der Straße schweifen und sich ergötzen an dem pittoresken Schauspiel der leuchtenden Equipagen ... der dahin hüpfenden Nymphen und der bunten Menschenwoge, die sich nach dem Opernhause wälzt". Es gibt andere Erinnerungen. Im 1831 erschienenen Buch "Berlin wie es ist. Ein Gemälde des Lebens dieser Residenzstadt und ihrer Bewohner ..." schreibt der Schriftsteller Karl Maria Kertbeny (1824-1882): "Hinsichtlich der inneren Einrichtung entspricht diese dem hohen Zwecke, für den sie bestimmt wurde, und mit Bequemlichkeit und Einfachheit sind Pracht und Eleganz auf das trefflichste vereinigt." Aber auch erste Ahnungen der bevorstehenden Revolution von 1848 kommen auf. Gerade die aus Berlin stammenden Studenten, meint er, "könnten vor allen anderen sich durch die Tugenden auszeichnen, welche einen jungen Mann zieren, aber öfters zeigen sie gerade das Gegentheil, und verführt von falschen und verkehrten Ideen, bringen sie Unfrieden und Sorge in das elterliche Haus". Noch kein Gedanke daran, dass hier eine revolutionäre Kraft heranwächst, die im März 1848 massiv in Erscheinung tritt. Der Historiker und Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung Wilhelm Zimmermann (1807-1878) hebt in seinem detailreichen Buch "Die deutsche Revolution" die Rolle der Studenten hervor: "Am furchtbarsten war der Kampf in der (Berliner) Breitenstraße, welche von Bürgern, Schriftstellern und Studenten bewacht und durch eine gewaltige Barrikade verschlossen war."

Am 21. März 1848 sind die Jungakademiker unter den 100000 Menschen unübersehbar, die in einem 7,5 Kilometer langen Trauerzug mit den Särgen von 183 Märzgefallenen vom Gendarmenmarkt zum Friedhof am heutigen Ernst-Zinna-Weg im südlichen Friedrichshain ziehen. Weiter heißt es: "Die Abtheilung der Universität folgte (den Särgen) unmittelbar mit dem Reichsbanner. Der ehrwürdige Alexander von Humboldt und der Rektor der Universität (der Theologe Karl Immanuel Nitzsch; 1829-1868) gingen voraus. Große Theilnahme erregten die Studenten, sie schritten mit ihren Waffen, durch die sie in der fürchterlichen Nacht die Führer des tapfer kämpfenden Volkes geworden waren." - 85 Jahre später, am Abend des 10. Mai 1933 werden wieder viele junge Menschen im Umfeld der Universität unterwegs sein. Studentische Jung-Nazis kommen vom Hegelplatz hinter der Universität hervor mit etwa 25000 Büchern "undeutschen Geistes" auf mitgeführten Wagen. Auf dem heutigen Bebelplatz werden die aufgeputschten Dumpfbacken die Bücher in die wegen des Regens faulen Flammen werfen.

1992 wird ein Mann - wie es heißt: empört - die Universität verlassen und sie als Rektor, der er bisher war, nicht mehr betreten. Er hat seine fristlose Kündigung in der Hand. Am Beispiel dieses Zeitgenossen wird eine denkwürdige kollektive Perversion von Christentum und Sozialismus offenkundig. Die Entlassung des Wissenschaftlers zählt zu den tragischen Ereignissen in der bis dahin 182jährigen Universitätsgeschichte. Der Theologe hatte als früherer Dekan einer Fakultät über Jahre als Denunziant der Stasi mit Decknamen und Führungsoffizier "auf Einzelpersonen aufmerksam" gemacht und dem Geheimdienst sogar seelsorgerische Einzelheiten anvertraut. Er tat dies sogar mit Verve und schien einen Appell des alttestamentarischen Propheten Jeremia (650-587 v.Chr.) in dessen Klageliedern auf die DDR-Realität anwenden zu wollen, der da lautet "Lasst uns erforschen und prüfen unsern Wandel und uns zum HERRN bekehren." Vermutlich fühlte er sich als behaupteter Christ gar nicht fremd in der DDR-Gesellschaft mit ihrem religiösen Atheismus, ihren Ober- und Unter-Messiassen und deren Glücksverheißungen. Es ist vermutlich der einzige Fall in der Geschichte der Berliner Universität außerhalb der Nazizeit, dass ein Wissenschaftler - statt sich dem Glück des freien Forschens hinzugeben - im widerlichen Ausforschen von Menschen sein Glück zu machen sucht.

Wie man zur Humboldt-Universität kommt:

Straßenbahn: M1 und 12 Endstelle Kupfergraben
Busse: 100, 200, N2, TXL, 147, N6
Die Uni im Internet: Internet: www.hu-berlin.de

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