Jenny de la Torre - Ärztin für Obdachlose in Berlin

Text: A. K. / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Jenny de la Torre (geb. 1954 in Peru) ist Ärztin und Gründerin der Jenny de la Torre Stiftung für Wohnungslose in Berlin.

Jenny de la Torre: Berlins Obdachlosenärztin

Sie ist der Engel der Obdachlosen von Berlin: Jenny de La Torre, ihres Zeichens Ärztin, hat ein Herz für alle, die in der deutschen Regierungsmetropole kein eigenes Dach über dem Kopf haben. Sie behandelt Hilfesuchende - ganz ohne Krankenversicherung und Praxisgebühr.

Der rote Backsteinbau in der Pflugstraße in Berlin Mitte ist mittlerweile Stadtgespräch. Und nicht nur das: er ist zum Anlaufpunkt für Treber und Gestrauchelte aus dem gesamten Bundesgebiet avanciert. Die Warteschlangen sind oft lang. Etwa 600 Menschen gehören zum Patientenstamm. Zu Erkrankungen, die Jenny de la Torre oft behandelt, zählen beispielsweise Krätze und Bronchitis. In der kalten Jahreszeit haben viele Erkältung, Husten oder Lungenentzündung. Aber auch Erkrankungen, die das Leben auf der Straße schafft: offene Beine mit schwärenden Wunden, in denen unzählige Maden sitzen. Oder schwarze, abgestorbene Zehen. Die meisten der Patienten sind über 40 Jahre alt. Leiderprobt. Schätzungen gehen davon aus, das ca. 10.000 Menschen in Berlin ohne feste Bleibe sind. Gerade mit Blick auf diese Dunkelziffer sind die Grundsätze der Stiftungsarbeit klar definiert: unbürokratische, schnelle und anonyme Hilfe. Denn Jenny de la Torres Patienten haben sonst nirgendwo eine Lobby. Der Grundsatz der engagierten Ärztin lautet: Man muss die Menschen annehmen, wie sie sind. Sie haben sich dieses Leben schließlich nicht ausgesucht. Jedem Patienten, der in ihre Praxis kommt, hört sie geduldig zu, nimmt sich Zeit und schafft so Vertrauen. Das brauchen Obdachlose ganz besonders, weiß die Ärztin aus Erfahrung, denn sie sind "sozial krank".

Die Ärztin für Obdachlose in Berlin hat Hilfe

Allein kann Jenny de La Torre ihren Patientenstab schon lange nicht mehr wuchten. Mittlerweile hat die ehemalige Charité-Ärztin unter anderem eine Zahnärztin, eine Dermatologin, eine Augenärztin,einen Internisten, eine Friseurin sowie Rechtsanwälte mit ins Boot geholt. Fast alle arbeiten sie ehrenamtlich für die Obdachlosen. Zudem verteilt das Zentrum kostenlos ein warmes Mittagessen an die Bedürftigen. Das für 300.000 Euro umgebaute Zentrum, das keine Übernachtungsplätze anbietet, finanziert sich ausschließlich aus Spenden und mit Hilfe einer eigens gegründeten Stiftung. Für die laufenden Kosten würden monatlich mindestens 10.000 Euro benötigt, hieß es. Das geht allein über Spendengelder. Und das Gebäude hat der Bezirk für zehn Jahre kostenlos der Jenny-De-la-Torre-Stiftung überlassen.

Jenny de la Torre in Berlin

Jenny de la Torre hat Armut und Krankheit schon früh in ihrer eigenen Heimat, in Peru, kennengelernt. Der einzige Arzt der Umgebung wurde mitten in der Behandlung zu einem weiteren Notfall gerufen - ein Erlebnis, das Jenny De la Torre umso mehr dazu bewog, selbst einmal Ärztin zu werden. Über ein Stipendium in der ehemaligen DDR, in Leipzig, begann sie 1976 ihr Medizinstudium. Nach ihrem Abschluss ging sie mit ihrem Sohn zurück nach Peru, doch dort wollte man ihre Qualifikation nicht anerkennen. Wieder kam sie zurück nach Deutschland und begann 1994 begann nach ihrer Facharztausbildung zur Kinderchirurgin an der Charité mit der Behandlung obdachloser Menschen, damals noch ohne Praxis, auf dem Ostbahnhof. Ärztin zu sein war für sie schon damals mehr gewesen. Der reguläre Medizinbetrieb, wo jedes Wort außerhalb der medizinischen Indikation zu viel ist, ist in Jenny de La Torres Augen unbarmherzig. Das Helfen fehlte ihr. Menschen heilen, die nicht danach fragen.

Für ihren Einsatz wurde Jenny de La Torre mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Medienpreis "Goldene Henne". Weitere Infos unter: www.delatorre-stiftung.de

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