Der typische Berliner

Text: JJ / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Unsere Autorin war auf der Suche nach dem typischen Berliner:

Da kiekste, wa? Auf der Suche nach dem typischen Berliner

Er ernährt sich von Buletten und Currywurst, denkt sich kreative Namen für historische Bauwerke aus, wird aber pampig, wenn man seine Pfannkuchen "Berliner" nennt. Er ist gar nicht so leicht aufzuspüren, doch die meisten von uns haben ein oder zwei Exemplare in ihrem Bekanntenkreis oder sind ihm zumindest schon am Taxistand, in der Bäckerei oder in einer Eckkneipe begegnet: Der Ur-Berliner macht sich rar in seiner Stadt, die längst in fester Hand der Zugezogenen ist - ob sie nun aus Bonn, aus der Türkei oder aus dem Schwabenländle kommen.

Der typische Berliner:

Während Berlin alles daransetzt, seinem Ruf als Party-Hauptstadt zu genügen, bleibt der hier Geborene dem Trubel lieber fern. Er führt seinen Hund auf den Bürgersteigen Gassi und hält den verkaufsoffenen Sonntag für das Highlight des Wochenendes. Wozu in Hektik verfallen, wenn man den Tag auch gemütlich angehen kann? Zumindest der West-Berliner hat jahrzehntelang auf einer Insel gelebt, ohne den Koller zu bekommen.
Ost und West ist eine wichtige Unterscheidung für die Alteingesessenen: In ihren Köpfen ist die Mauer nie gefallen. Man hatte früher zwangsweise nichts miteinander zu tun, und jetzt will man auch nicht mehr. Wozu etwas ändern - bleibt ja eh jeder auf seiner Seite.

Denn als geborener Großstädter legt der Berliner eine erstaunliche Kleinstadtmentalität an den Tag. Außer zum Arbeiten oder mal für einen Wochenendausflug verlässt er seinen Kiez nie - während die zugezogene Szene ständig von einem hippen Stadtteil zum nächsten nomadisiert. Erst wenn es ums eigene Häuschen geht, ist der Berliner gewillt, ein bisschen weiter hinaus zu ziehen - als West-Berliner aber ganz bestimmt nicht in die "Zone". Zum Glück gibt es auch in den Randbezirken noch Bauland und Eigenheime zu erwerben. Die innenstädtischen Altbauten überlässt der Berliner lieber den Schwaben.
Weniger Berührungsängste mit dem Umland hat naturgemäß der Ost-Berliner, der nichts auf seine Datsche am nächstgelegenen See oder Wäldchen kommen lässt. Hier verbringt er seit Jahrzehnten seine Wochenenden und Urlaube, hier mäht er hingebungsvoll den Rasen und tüncht die Jägerzäune jeden Sommer neu.

Es gibt viele Orte, an denen der typische Berliner sich versteckt - vermutlich ist er deshalb so schwer aufzuspüren. Erkennen kann man ihn an seinem Dialekt und seiner Unfreundlichkeit, der sprichwörtlichen Berliner Schnauze eben. Lernt man ihn dann aber näher kennen, merkt man meistens, dass er das Herz doch auf dem rechten Fleck hat. Das zeigt er halt bloß nicht jedem, denn sein Vertrauen muss man sich erst gewinnen - gerade als Zugezogener!

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