"Primus inter Paretz" - Friedrich Wilhelm III. und sein Sommersitz

Er ist der bürgerlich Schlichte, religiös Romantische und beliebte unter den preußischen Königen: Friedrich Wilhelm III. (1770-1840); rundweg anders als der Vater.
Schloss Paretz & Schlosspark
Ein Foto vom Schloss Paretz und dem großen Schlosspark
Foto © -wn-
Denn in herzlicher Verachtung nannte man diesen den Lüderjan (Taugenichts). Seine ausufernde Mätressen- und Günstlingswirtschaft markiert einen Tiefpunkt preußischer Machtausübung. Der Sohn hingegen ist treu liebender Gatte der anmutigsten Königin, die das Preußentum je hervorbrachte, der 34jährig gestorbenen Luise von Mecklenburg-Strelitz (1776-1810), einer Frau mit starkem natürlichen Selbstbewusstsein, dessentwegen z.B. Napoleon Bonaparte ihr in tiefer Hassliebe verbunden ist. Friedrich Wilhelm und Luise bevorzugen - sofern der Hofstress es erlaubt - ein zurückgezogenes, einfaches und naturnahes Leben. Allerdings: Majestät sind zugeknöpft und sprachlich gehemmt. "König Infinitiv" wird er genannt, weil er wie kleine Kinder persönliche Fürwörter meidet ("Will haben" oder "Mir fatal"). Mit seiner Vorliebe für das "Einfache, Ungesuchte und Naturgemäße sowie die Ablehnung von Aufwand, Prunk und Überladung", wie es sein Biograf Johann Heinrich Lehnert überliefert, kauft er 1797, im Jahr seiner Inthronisation, für sich und für die fünf Jahre zuvor geehelichte Luise das Dörfchen Paretz - zum Preis von 85000 preußische Taler (rund 4,5 Millionen Euro).
Adresse:
Schloss & Schlossgarten Paretz
Parkring 1
14669 Ketzin OT Paretz
Tel: 033 233/ 736 - 11

Öffnungszeiten des Schloss Paretz:


November - März
Samstag - Sonntag 10:00 Uhr - 16:00 Uhr

April - Oktober
Dienstag - Sonntag 10:00 Uhr - 18:00 Uhr

Eintrittspreise Schloss Paretz:


Erwachsene 6,00 €
Ermäßigt 5,00 €
Familienkarte 12,00 €

Das Dorf Paretz im Havelland


Das Dorf mit seinen rund 400 Einwohnern ist heute Ortsteil der Stadt Ketzin im Landkreis Havelland, etwa 40 km westlich von Berlin. Der Flecken bietet überraschende landschaftliche Fernsichten, nach Süden hin zu Havelwiesen und Seen, nach Südosten hin bis nach Potsdam; man sieht nordöstlich die Döberitzer Heide. Werder macht man aus, die Wälder um das Kloster Lehnin und die Hochfläche der Zauche. Das reizt die beiden Naturenthusiasten. Friedrich Wilhelm lässt vom Berliner Architekten David Gilly (1748-1808) ein Sommerschloss bauen, das heute wieder in altem Glanz erstrahlt und für jedermann offen steht. Die Besucher besichtigen das restaurierte Haus mit Vestibül, Garten- und Gesellschaftssaal, dem Arbeitszimmer, dem Schlaf- und Wohnzimmer der Königin Luise sowie einem Billardzimmer. Der etwa 60 Meter lange, schmal gebaute Landsitz (Foto) wird dem Frühklassizismus und Biedermeier zugerechnet, einer Stilepoche, in der reiches Naturverständnis, menschliche Integrität und Bewahrung der Familie Eckpunkte sind. Das Schloss verfügt am ehemaligen Haupteingang über einen unprätentiös hervortretenden Mittelrisalit mit Bogenfenstern. Die Farbgebung bewegt sich zwischen gelblichem Weiß und Ocker. Die Vorgabe des Bauherrn damals: Gilly soll bauen "wie für einen armen Gutsherren". Drei Jahre später wird das ganze Dorf erneuert. Allerdings haben die Dörfler von nun an die Pflicht, in den Giebelstuben ihrer Häuser Angehörige der königlichen Dienerschaft zu beherbergen. Als besondere Festtage werden die Paretzer Erntefeste mit dem Königspaar geschildert. Fontane berichtet: Geschart um ihr Feldbanner, den reichbebänderten Kranz von Ähren und Blumen, seien die festlich angetanen Schnitter und Schnitterinnen nach dem Takte der Dorfmusik zum Schloss marschiert.

Das Schloss Paretz


Ab 1796 verbringen der König und seine "schöne Zarewna" (Heine) die Sommer in ihrem "Schloss Still-im-Land", Friedrich Wilhelm als von den Dorfleuten akzeptierter "Primus inter Paretz" und die Königin Luise als eine volksnahe Monarchin, mit der die Kätner und Kossäten sogar reden können. In ihrer tiefen Zuneigung zueinander kann man sich beide durchaus wie das eng verbundene Ehepaar Horst und Eva-Luise Köhler vorstellen - nur dass es der König trotz publizistischer Anwürfe und depressiver Stimmungen nie unterließ König zu sein. In seinem "Letzten Willen" vergibt er sogar denen, "die durch hämische Reden, Schriften oder absichtlich verunstaltete Darstellungen, das Vertrauen Meines Volkes … Mir zu entziehen bestrebt gewesen sind". Von seinem unschmeichelhaftesten Beinamen erfährt er nichts. Friedrich Engels kommt 39 Jahre später zu dem Schluss, bei Friedrich Wilhelm III. handele es sich um "einen der größten Holzköpfe, den je ein Thron regiert hat". Warum? 1806, keine zehn Jahre nach dem ersten Sommer in Paretz, endet das Havelländische Idyll. Das königliche Paar bleibt aus. Der König hatte den Fehler seines Lebens gemacht: Die militärischen Möglichkeiten Preußens maßlos überschätzend hatte der Ausgleich und Stille liebende Monarch dem in Süddeutschland stehenden Napoleon Bonaparte den Krieg erklärt - und provoziert die preußische Niederlage bei der Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt am 14. Oktober 1806. Nach dem Frieden von Tilsit (heute Sowjetsk) verlor Preußen fast die Hälfte seines Territoriums. Friedrich Wilhelm und Luise sind zuvor nach Memel geflüchtet, dem heutigen litauischen Klaipeda. Die Berliner Journaille macht ihn mit der Verbalinjurie "Unser Dämel sitzt in Memel" lächerlich.

Aber auf ihn wartet ein weiterer Schicksalsschlag: Im Sommer 1810 - kurz nach dem einzigen Aufenthalt in Paretz nach dem Aufenthalt in Memel - stirbt Luise. Aus dem Schloss macht der Witwer nun eine Art Gedenkstätte. An Orten, die an sie erinnern, lässt er Tafeln und Reliefs anbringen. Ein großes Tor wird an der Stelle gebaut, an der sie zum letzten Mal den Schlossbereich verließ. Trotz dieser Aktivität nennt die Geschichte Friedrich Wilhelm kritisch einen Zauderer. Die dringend gebotenen Preußischen Reformen leitet er nur widerwillig ein. Immerhin konnte er nach Paretz noch als König kommen. Heinrich Heine mutmaßte: "Wäre Napoleon damals nicht mit weit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen, als daß er an Se. Majestät Friedrich Wilhelm III. allzuviel denken konnte, er hätte diesen gewiß gänzlich in Ruhestand gesetzt."

Der Weg zum Schloss Paretz:
Von Berlin aus verlässt man die Stadt über die Bundesstraße B2 in westliche Richtung. In der Gemeinde Neu Fahrland ist die rechts abzweigende Landstraße L92 bis Paretz zu benutzen. In Paretz gibt es einen geräumigen Parkplatz.
Text: -wn- / Stand: 21.06.2014

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