Buckower Brecht-Weigel-Haus: von der Gedenkstätte zur Kulturbaustelle

An Gedenkstätten für Dichter mangelt es nicht: in Berlin gibt es eine für die Autorin des weltbekannten "Siebten Kreuzes" Anna Seghers,
Das Brecht Haus in Buckow
Blick auf das Brecht Haus in Buckow
Foto © -wn-
in Lehnitz für Friedrich Wolf, Autor des "Professor Mamlock". Im märkischen Buckow firmiert das Brecht-Weigel-Haus seit 1977 ebenso als Gedenkstätte, in die der Besucher vor allem in früheren Jahren zur Erziehung und Belehrung Einkehr halten sollte. Hier wohnte, aß, schlief und arbeitete Eugen Berthold Friedrich Brecht (1898-1956), Sucher des Menschenglücks, der ergründen wollte, was und wer den Fortgang der Welt auf gute Art vorantreiben kann. Über das Örtchen selbst äußerte er sich eher abschätzig: es sei "friedlich und langweilig, genug für die Arbeit". Gegen Ende seines Lebens spielte dieses Stück Schermützelsee-Ufer, wo er im erworbenen Atelierhaus inmitten alter Silberpappeln, Tannen und Erlen einwohnte, jedoch eine eminent beherbergende Rolle. Hier, in der Sohle des Buckower Kesseltales, wo der See wie ein abgestumpfter Halbmond daliegt, reifte Brecht ab dem Sommer 1953 die bestürzende Erkenntnis, wonach das neugeschaffene Gesellschaftsgebilde die erhoffte emanzipatorische Wirkung nicht haben wird. In weiser Voraussicht hatte er bereits 1933 im "Lob des Kommunismus" diese Ordnung apostrophiert als "das Einfache / Das schwer zu machen ist", jedoch den Kommunismus vorschnell als "das Ende der Verbrechen" bezeichnet. Er irrte.
Adresse:
Brecht-Weigel-Haus
Bertolt-Brecht-Straße 30
15377 Buckow
Tel: 033433 / 467

Öffnungszeiten des Brecht-Weigel-Haus:


April bis Oktober
Mittwoch - Freitag 13:00 Uhr - 17:00 Uhr
Samstag, Sonntag u. Feiertag 13:00 Uhr - 18:00 Uhr

November bis März
Mittwoch - Freitag 10:00 Uhr - 12:00 Uhr u. 13:00 Uhr - 16:00 Uhr
Samstag, Sonntag 11:00 Uhr - 16:00 Uhr

Eintrittspreise Brecht-Weigel-Gedenkstätte:


Erwachsene 3,00 €
Schüler, Auszubildende, Studenten, ALG I / ALG II-Empfänger,
Schwerbehinderte 2,00 €

Ausstellungen im Brecht-Weigel-Haus


Im Juli und August 1953 schreibt er in Buckow zwanzig sorgenvolle Texte. In der aktuellen Ausstellung des Hauses wird die Buckower Elegie DIE WAHRHEIT EINIGT mit einem Bild des SED-Politbüros aus dem Jahre 1950 kombiniert - 15 Personen in unerklärlich satt-sorgloser Pose. Die Hälfte von ihnen stirbt bald darauf den politischen Tod. Brecht warb damals für ein ehrliches "kräftiges Eingeständnis" der schwierigen ökonomischen Lage als motivierenden Ausgangspunkt für das gemeinsame rettende Handeln. Otto Grotewohl ignorierte jedoch seinen Wunsch, das Gedicht vor dem DDR-Ministerrat vorzutragen. Nicht nur das Verheimlichen der Lage hielt an, ganze Teile der marxistischen Grundgesetze wurden außer Kraft gesetzt, darunter das vom lebensnotwendigen Zweifel. Auf Brechts Totenfeier am 18. August 1956 wagte Erwin Strittmatter (1912-1994) selbstkritisch zu sagen: "Du warst ein guter Zweifler. Das aber trug dir zu einer Zeit, da wir meinten, in unserer Welt ohne den gesunden Zweifel auskommen zu können, bei Engherzigen den Verdacht des Mißwollens ein."

Der nach 1989 eingeleitete Übergang des Brecht-Weigel-Hauses von einer Gedenkstätte zu einer Kulturbaustelle soll Brechts "eingreifendem Denken" Rechnung tragen. Er machte Vorschläge zur Verbesserung der Deutsch-Lehrpläne an den Grundschulen, riet sogar dazu, zwecks Schärfung der Sinne in die Lehrbücher auch Kitsch und ähnlich Abschreckendes aufzunehmen. In den mit Planschulden belasteten Registrierkassen-Hersteller gingen er und das Ensemble, um "praktisch zu helfen". Leider gibt es kein Foto mit der Unterzeile: Der Dichter Bertolt Brecht, im VEB Secura Berlin mit großem Ernst Lacknasen an einer frisch gefertigten Registrierkasse abschleifend. 1952 rettet er eine Ausstellung mit Plastiken Ernst Barlachs (1870-1938) in der Akademie der Künste, an der Funktionäre herumgekrittelt hatten. In den "Barlach-Thesen" nennt er den Künstler "einen der größten Bildhauer, die wir Deutschen gehabt haben". Mutig macht er die tonangebenden Kulturbanausen darauf aufmerksam, dass Barlachs Plastiken nicht hässlich sind, sondern "Schönheit (ausstrahlen) ohne Beschönigung, Größe ohne Gerecktheit, Harmonie ohne Glätte, Lebenskraft ohne Brutalität". Der Atheist Brecht bekennt, von Barlach Güstrower Engel "überwältigt" zu sein: "Er hat das Gesicht der unvergesslichen Käthe Kollwitz."

In das Brechthaus zog in den letzten Jahren jene Atmosphäre ein, die sich aus lustvollem Bedenken weltwichtiger Gegenstände ergibt. Die Sängerin Gina Pietsch gestaltete das Programm "Brechts Vorschläge". Es traten die bekannten Schauspieler Angelica Domröse und Hilmar Thate auf. Die Künstlerin Ute Kaiser trug Texte der Schriftstellerin Margarete Steffin (1908-1941) vor, einer Mitarbeiterin und Geliebten Brechts. Auch der 87jährige Brechtvertraute Prof. Ernst Schumacher, las aus seinem Buch, worin er klarstellt, dass Brecht keineswegs der hochstilisierte Lehrer des Volkes war, sondern Veränderungs-Vergnügen erwecken wollte. Gelegentlich sitzt Brechts "lieber Krampen" im Publikum - die in Buckow siedelnde, von Brecht entdeckte, heute 82jährige Schauspielerin Käthe Reichel. Brecht-Biograf Klaus Völker vermerkt, der "alternde Dichter erteilte, obwohl er sich Ende 1950 sehr erschöpft und müde fühlte, Fräulein Reichel ‚Liebesunterricht' und bewirkte, dass sie 'einen schönern Mund und geschicktere Beine' bekam." Die Reichel, mit ihrer inzwischen beachtlichen Filmografie und Trägerin des Verdienstordens des Landes Berlin, steht heute noch in Kontakt mit dem Meister. Sie veröffentlichte "Windbriefe an Herrn b.b.", dessen Seele sie im Höllenvorhof vermutet, wo - nach Dante - all jene Dichter unterkamen, denen der Himmel verschlossen blieb. Der virtuelle Brecht-Shop stuft Reichels bewegende Briefe als Menetekel der Wut, der Ratlosigkeit, der heiteren Erinnerung und der Hoffnung ein. Ein Problem: Der Vatikan hat den Höllenvorhof unlängst geschlossen. Wo blieb b.bs. Seele?

Wie man zum Brecht-Weigel-Haus in Buckow kommt:


Auf der Frankfurter Allee (B1/5) stadtauswärts bis Müncheberg,
dann Richtung Buckow abbiegen;
Das Brecht-Weigel-Haus befindet sich in der Bertolt-Brecht-Straße 30.
Programminformationen über www.brechtweigelhaus.de
Text: -wn- / Stand: 12.06.2014


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