Die "Deutsche Tonstraße" im Kreis Oberhavel - Fette Tone, kecke Töne

Die "Deutsche Tonstraße" ist eine 220 Kilometer lange befahrenswerte Wegweisung
Die Deutsche Tonstraße
Blick entlang der deutschen Tonstrasse - Foto © -wn-
durch den Oberhavel-Kreis. Unter den das Brandenburgische Territorium querenden sogenannten Urlaubsstraßen - wie die Schweden- und Storch-Straße oder die Oranier-Route - ist der im Mai 1999 eingerichtete Rundkurs eine wichtige Vergangenheit bewahrende Rundfahrt durch die märkische Industriegeschichte. Die Halte-, Blick- und Verweilpunkte verweisen auf die ehemalige märkische Baustoffindustrie. Man passiert Orte, an denen im vorigen Jahrhundert Tone gewonnen, zu Ziegelsteinen geformt und gebrannt, auf den Wassern der Havel nach Berlin verschifft und dort im Zuge eines grandiosen Baubooms verbaut wurden. Seine Intensität beschreibt der Arbeiterdichter Gerrit Engelke (1890-1918) in einem seiner sozial sensiblen Gedichte mit den Worten: "Ziegelstein an Ziegelstein mit Kalk und Schweiß geklebt". Zweckmäßig ist es dem Vorschlag der Tonstraßen-Urheber zu folgen und die Tour in Velten im Süden der Exkursionsroute zu beginnen. Bereits um 1900 ist die Stadt aufgrund ergiebiger Tonvorkommen der bekannteste deutsche Kachelofen-Produzent. Im Gebäude der seit 1872 ansässigen Ofenfabrik in der Wilhelmstraße ist seit über 100 Jahren das Ofen- und Keramikmuseum untergebracht, das "das Kulturgut Ofen bewahren" will. Auf etwa 1500 Quadratmetern Ausstellungsfläche zeigt es Öfen aus dem 16. bis 20. Jahrhundert.

Verlauf der Deutschen Tonstraße


Die östliche in einer Nord-Süd-Achse verlaufende Strecke der Tonstraße orientiert sich bis nach Fürstenberg am Havel-Verlauf. Auch der ebenfalls von Süden kommende Radweg Berlin-Kopenhagen begleitet die Straße. Auf der Höhe von Zehdenick passieren die Interessierten, die sich auf den Weg gemachten haben, siebzig sogenannte Tonstiche - unverfüllt gebliebene Grubenrestlöcher, die sich mit Havelwasser füllten und inzwischen zur Lebensumgebung vieler seltener Tier- und Pflanzenarten wurden. Hier leben Biber, Fischotter, die auch Feuerkröte genannte Rotbauchunke und die das Verborgene suchende Große Rohrdommel. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist die Region um Zehdenick der größte Ziegeleistandort Europas. 1991 erlosch diese Industrie endgültig. Unweit davon ist der Ziegeleipark Mildenberg mit mehreren Industriedenkmälern erreicht. Eine Ausstellung würdigt die Erfindung der Baumeisters und Ingenieurs Friedrich Eduard Hoffmann (1818-1900), die die Ziegelherstellung ab 1858 revolutionierte: den Ringofen. Er ermöglichte das ununterbrochene Brennen aller Arten von Ziegeln, Tonwaren, Kalk und Gips. Ist auf der Weiterfahrt nach der Passage des Großen Stechlins Rheinsberg erreicht (im kurz berührten Landkreis Ostprignitz-Ruppin), wo seit 240 Jahren Steinzeug fabrikmäßig hergestellt wird, führt die Tonstraße wieder nach Süden. Nach zahlreichen Zwischenstationen erreicht sie schließlich Marwitz, wo Hedwig Bollhagen (1907-2001) 1934 die HB-Werkstätten für Keramik mitbegründete. Die Werkstätten - heute unter der Leitung der Künstlerin Heidi Manthey - stellen Gebrauchsgeschirr und anspruchsvolle Baukeramik her.

Spätestens an dieser Stelle, an der die Tonstraße den Reisenden überraschend wieder dem Veltener Ausgangspunkt zuführen will, stellt sich Überraschung ein. Hat man dieser Straße angesichts ihrer Erlebnisfülle gern das Beiwort "deutsch" im Sinne von repräsentativ zugestanden, so ist jetzt zu spüren, in welch keckem Ton damit eine Art Alleinvertretungsanspruch vertreten wird. Die "Deutsche Tonstraße" lässt einen großen Teil der brandenburgischen Ziegelindustrie links liegen: In ihrem Einzugsbereich fehlt das gesamte Havelland. "Was Werder für den Obstkonsum der Hauptstadt ist, das ist Glindow für den Ziegelkonsum", schrieb schon Fontane. Er hatte die havelländischen Ziegellords im Auge, die stolz von sich sagten: "Halb Berlin wurde mit Steinen aus unserer Gegend errichtet". Zehdenick (Oberhavel) und Glindow sowie Rathenow im Havelland - das waren die großen Zentren der Ziegelindustrie jener Jahrzehnte. Für die brandenburgische Ziegelindustrie im 19. und 20. Jahrhundert war es charakteristisch, dass sich mehrere Zentren ausbildeten. Dort standen in der Nähe der Tongruben die Ziegeleien, von denen es wiederum kein weiter Weg zum nächsten Havel-Hafen war. Glindow, das nicht an der Tonstraße liegt, hatte eine ergiebige tonige Grundmoräne unter sich. Die havelländischen Produkte waren für ihre wetterfeste Härte bekannt. An der Stelle der Invalidenkassen-Ziegelei am Südufer des Glindower Sees befindet sich heute das Märkische Ziegeleimuseum, ein authentischer Ort, an dem man sich ebenfalls über die Geschichte des Ziegelgewerbes informieren kann. Auf Wunsch wird über die Unterschiede aufgeklärt, die zwischen fetten Tonen (feinkörnig, quarzarm) und mageren (mit Staubsand vermengt) bestehen sowie zwischen dem quarzsandreichen Lehm und kalkhaltigen Mergel. Das Museum liegt am Fuß der "Glindower Alpen", einer mit Bäumen bestandenen Abraumhalde aus Tonschürfzeiten zwischen den Dörfern Glindow und Petzow, die vom Norden her einer kleinen Pultscholle ähnelt. Für ein Industriemuseum ungewöhnlich, werden hier von Hand gestrichene Ziegel in unterschiedlichen Formaten sowie Formsteine für den Denkmalsschutz nicht nur ausgestellt, sondern von Mitgliedern eines Vereines unter den Augen der Besucher produziert.

Das alles sollte ein Grund dafür sein, die "Deutsche Tonstraße" nicht nur durch einen kleinen Teil dieses geschichtlich interessanten Industriestandorts der Mark zu leiten, sondern auch im großen Brandenburgischen Havel-Bogen für sie einen Erlebnis versprechenden Verlauf zu finden.

Der Weg nach Velten:
Velten, Ausgangspunkt der gegenwärtigen "Deutschen Tonstraße", erreicht man von Berlin über die Autobahn A111, Abfahrt Hennigsdorf. Das Ziegeleimuseum Glindow im Havelland fährt man an über die Autobahn A10, Abfahrt Glindow. Im Ort bis zum Ende der Alpenstraße (Nr. 44) fahren. Auch über die B1 ist Glindow zu erreichen.
Text: -wn- / Stand: 02.06.2014


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