Waldfriedhof in Schulzenhof

Erschlagen, erschossen, ertrunken – diese Ursachen für Mord und Sterben fielen dem poetischen Realisten Theodor Fontane ein,
Ein alter Friedhof
Grabsteine auf einem Friedhof - Foto © mbfotos
als er in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts „über Stubben und Wurzeln“ sich durch die Wälder des heutigen Fürstenberger Wald- und Seegebietes kutschieren ließ, um Material für die „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ zu sammeln. Die Gehölze und Wüstungen schienen ihm eher ernst als heiter, trotzdem in der preußischen Provinz Brandenburg die Zeit der Strauch- und Wilddiebe als überstanden galt. Aber immer noch streckten in Fontanes Phantasie die Bäume ihre Polypenarme dämonisch aus und die tiefen Waldseen hatten sich von uralter Zeit her einen Hang nach Menschenopfern bewahrt.
Adresse:
Friedhof Schulzenhof
16775 Gemeinde Stechlin OT Schulzenhof

Grabstätte von Erwin Strittmatter auf dem Friedhof Schulzenhof


Wer heute das Fürstenberger Wald- und Seegebiet besucht und von der B 96 ins Dorf Dollgow (Gemeinde Stechlin) Richtung Rheinsberg abfährt, dem bietet die Landschaft neben guter Luft und freien Blick durchaus auch Überraschendes. Auf dem Weg zum Ortsteil Schulzenhof, einem Vorwerk aus zehn Häusern, passiert man am Waldrand einen kleinen, auf einer Anhöhe hinter alten Bäumen versteckten Friedhof, auf dem man angesichts der Menschenleere ringsum nur verwitterte Gräber vermutet. In Wahrheit ist es der reguläre Schulzenhofer Totenacker, ein Ort mit inzwischen literarischer Bedeutung. "Ich stehe am Fuße des Hügels, auf dem sich die Altvorderen unseres Vorwerks einen Friedhof anlegten, einen Friedhof für fünf Familien, alt, sehr alt. … Ich weiß, dass ich unter einer der großen Tannen, die auf dem Hügel stehen, liegen werde. Ich kenne meinen Grabstein. Er liegt noch im Walde.“ Mit dieser testamentarischen Notiz beendete der Dichter Erwin Strittmatter seine Romantrilogie „Der Laden“.

Nur wenige Jahre später, am 5. Februar 1994, einem klaren, sonnigen Wintertag, fünf Tage nach Strittmatters Tod, erlebte das einsame Begräbnisfeld und Weg und Steg ringsum den Ansturm von rund 300 Trauergästen. Kurz nach Mittag stand Strittmatters Sarg absenkbereit auf drei Bohlen über dem offenen Grab. Die Liste der zum Reden Angemeldeten reichte vom damaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe bis zu Vertretern diverser Pferde-, Geflügel- und Karnickelzüchter-Vereine. Der nicht enden wollende Lobpreis des Verstorbenen hatte seinen Grund in dem, was dieser hinterließ: Den eigenwilligen Bauer Ole Bienkopp etwa, den Wundertäter Stanislaus Büdner, Esau Matt aus dem „Laden“ den es zum Schreiben drängt, oder Tinko, das Nachkriegskind, und nicht zu vergessen: Pony Pedro. Sie wurden populäre Strittmattersche Gestalten, die von seiner großen Lebenserfahrung, Reife und seiner Liebe zu jeglicher Kreatur sprechen. Und hätte nicht einer der Strittmatter-Söhne – auch im Interesse der trauernden Mutter, der Lyrikerin Eva Strittmatter - dem Ansprachemarathon vorsichtig Einhalt geboten, wäre der Sarg noch weitere Zeit auf seiner Warteposition geblieben.

In dem Augenblick aber, in dem die sechs Männer ihn nun endlich an den Seilen in die Grube hinunterließen, fuhr, für jedermann hörbar, ein ungestümer Wind durch die Wipfel der Tannen. Es war einer jener Winde, die immer wieder etwas in ihr Schreibheft, in den Wald, eintragen, so steht es in Strittmatters feinsinnigem „Schulzenhofer Kramkalender“. Wer die Schreiblust der Winde noch nicht kennt, lese es dort selbst nach.
Text: -wn- / Stand: 03.06.2014


 
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