Storkow in der Brandenburger Spree-S-Kurve -
ein "wenig gekannter Winkel"

Das sanft gehauchte Dehnungs-w in manchen Wörtern mit "ow"-Endung ist dem früheren westdeutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1967) im Kölner Apostelgymnasium scheinbar
Fachwerkhaus in Storkow
Fachwerkhaus an der Nordwest-Seite des Storkower Marktes
Foto: © -wn-
nie vermittelt worden. Dafür spricht, dass er später beständig von Pankoff in der Soffjetzone redet. Überhaupt hegt der Kanzler, so ein Spötter, den Verdacht, bei dieser Soffjetzone handele es sich schlichtweg um sibirisches Vorland. Aber nach der Teilung Deutschlands 1949 muss er nicht zu Wahlkampfauftritten nach Bornoff und Beeskoff oder nach Saaroff und Storkoff reisen, wo sie natürlich Bornow und Beeskow sowie Saarow und Storkow sagen. Ganz falsch liegt Adenauer mit seiner Modulation nicht. Diese Orte im von Cottbus bis nach Hangelsberg reichenden Nordbogen der (spiegelbildlichen) Brandenburger Spree-S-Kurve slawisieren heftig, haben einen slawisch-wendischen Hintergrund - unter ihnen das Städtchen Storkow. Man muss vor allem das Beschauliche bevorzugen, um in der Stadt oder um sie herum etwas erleben zu können. Die für den Tourismus gefertigten Flyer stellen die "ausgedehnten Waldungen, großflächigen Wiesen und Weiden sowie die zahlreichen Seen (heraus), die eine facettenreiche reizvolle Landschaft" bildeten, und sie verweisen auf ein gut ausgebautes Radwegesystem. In der Stadt wie in den ihr zugehörenden vierzehn Dörfern böten sich Zonen der Erholung, Promenaden an den Seeufern, Ruheplätze an Dorfangern sowie Pfade zur Naturbeobachtung an. Verwiesen wird auf den Naturpark Dahme-Heideseen im Landkreis Dahme-Spreewald, eines von fünfzehn märkischen Großschutzgebieten. In dem 594 Quadratkilometer großen Areal dehnen sich umfängliche Waldungen und mehr als 100 Gewässer aus.
 
Sehenswürdigkeiten in Storkow:
  • Burg Storkow
  • Jagdsitz Hubertushöhe
  • Stadtkern
  • Storkower Mühle
  • Locations & Firmen in Storkow:
  • Ärzte
  • Rechtsanwälte
  • Hotels
  • Restaurants
  •  

    Geschichte der Stadt Storkow

    Um von dieser in der märkischen Landschaft seit der Eiszeit gegebenen Möglichkeit gesteigerten Natur-Erlebens zu berichten, aber natürlich auch um Geld zu verdienen, bricht in der ersten Aprilwoche des Jahres 1871 Theodor Fontane (1819-1898) zu einer weiteren märkischen Wanderung auf. Ostern steht vor der Tür, und in Deutschland herrscht noch leichter Frost. Fontane will für seine Spreeland-Geschichten im Zyklus "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" recherchieren. Am Vorabend seiner mehrtägigen Erhebung quartiert er sich in Fürstenwald ein, schreibt, er habe mit der Vorosterwoche eine Zeit gewählt, "in deren greller, oft schattenloser Beleuchtung ich die märkische Landschaft noch nicht gesehen hatte". "Zwischen dem Spreewald und der Wendischen Spree (der Dahme)", formuliert er, "liegt das Land Beeskow-Storkow, ein wenig gekannter Winkel, der nichtsdestoweniger seine Schönheit und seine Geschichte hat." Mit dem Pferdefuhrwerk lässt sich der "Wanderer" zunächst durch die Rauenschen Berge kutschieren. "Wo die Braunkohlen herkommen?" fragt er den Kutscher, der bejaht. Fontane: "Das ist mir lieb, die mal zu sehen, obwohl ich keine brenne; sie stauben zu sehr." In Saarow steigt er aus, lässt sich bei kalten Winden über den Scharmützelsee schippern und legt in Pieskow an. Am nächsten Tag durchfährt er nun auch den Flecken Storkow. Eine verbürgte Anwesenheit Fontanes am Ort ist ja heute für die brandenburgischen Tourismusbeauftragten und deren Außenwerbung ein gewichtiger Umstand. Hier nun belässt es der Meister jedoch bei der Bemerkung "Storkow, eine der beiden Hauptstädte dieser Gegenden" - mehr erfährt man nicht. Storkows PR-Leute sind seriös genug und schmücken Fontanes damaligen Transit durch die Stadt nicht aus - welches Schindluder wurde mit dem berühmten Schriftsteller und Journalisten in der Mark Brandenburg schon getrieben. In der Annahme, dass es niemand merkt, behaupteten die Werbestrategen im Schlaubetal einmal recht dreist: "Schon Theodor Fontane schrieb über das Schlaubetal: 'Wag es getrost, und du wirst es nicht bereuen, eigentümliche Freuden und Genüsse werden dich begleiten. Du wirst Entdeckungen machen, denn überall, wohin du kommst, wirst du … eintreten wie in jungfräuliches Land.'" Tatsächlich stammen die Sätze aus Fontanes Vorwort zur zweiten Auflage der "Wanderungen durch die Mark Brandenburg - Die Grafschaft Ruppin" von 1868. Der Autor erläutert dort sein Brandenburgisches Wander-Credo, wonach man "mit einer feineren Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet sein" müsse. Kein Wort vom Schlaubetal. Ähnlich kurz wie Fontanes Annotation ist auch der Vermerk zu Storkow des für seine Akribie bekannten Statistiker und Historiker Leopold von Zedlitz-Neukirch (1792-1864), der sich mit der Edition des Preußischen Adelslexikons einen Namen macht. In seiner 1835 in Berlin heraus gebrachten Statistik des Preußischen Staates registriert er: "7 Meilen von Berlin, offener Ort in einer holzreichenden Gegend am Storkower oder Dolgensee, 210 Häuser, 1450 Einwohner, Land- und Stadtgericht 2ter Klasse". Inzwischen hat die 1209 erstmals erwähnte Kommune eine Ausdehnung von 180 Quadratkilometern, die durch die abliegenden Ortsteile zusammenkommen. Im Rathaus in der Rudolf-Breitscheid-Straße sind derzeit (2012) ca. 9000 Einwohner angemeldet.

    Ein Vierzeiler, den man in einem historischen Roman des Schriftstellers Willibald Alexis (1798-1871) findet, lässt den Eindruck entstehen,
    Straße in Storkow
    Blick in die Straße Altstadt
    Foto: © -wn-
    dass im Beeskow-Storkower Spreebogen wesentlich mehr passiert sein muss als ländliche Ruhe. Es heißt dort: "Storkow, Beeskow, wo die Knute / Endlich wich dem deutschen Mute, / Und vom letzten Wendenblute / Rot ward Dahme, Notte, Nuthe." Die Ufer des Havel-Nebenflusses Nuthe sowie die der Notte, eines Nebenflusses der Dahme, und deren eigenes Gestade waren Orte schwerer Auseinandersetzungen u.a. zwischen den slawischen Sprewanen, die seit undenklichen Zeiten an der unteren Dahme und Spree siedeln und nach ihrem Verschwinden oder ihrer Assimilation zumindest die von ihnen geprägten Ortsnamen zurückließen. In einem 1790 erschienenen "Sittengemälde … der Preußisch-Brandenburgischen Geschichte" werden die männlichen Ureinwohner beschrieben als "große, rüstige Leute, mit blauen Augen, rothem Gesichte, ungeschorenem Barte und langen schlichten Haaren, welche … theils gelb oder roth waren". Die Familien hätten in unverschlossenen Häusern gewohnt, weil ihnen der Diebstahl fremd war. Robuster hätte man die Ehestandsangelegenheiten gehandhabt: Um die Hand eines Mädchens sei in aller Regel nicht angehalten, die Auserwählte sei kurzerhand mitgenommen worden. Andrerseits wurde Ehebruch mit dem Tod bestraft. So lebte man, "bis Albrecht der Bär … die Wendische Nazion unter seinen Szepter brachte. Er ist also mit Recht als der erste Markgraf von Brandenburg anzusehen", sagt eine Chronik.

    Über den slawischen Fürsten Jaxa von Köpenick, Albrechts Gegenspieler, berichten die Annalen wenig; unbekannt sind selbst die näheren Lebensdaten. Vom askanischen Fürsten Albrecht I., eben jenem Bären, weiß man zumindest, dass er frühestens 1123 geboren und spätestens 1170 gestorben ist. Hauptsächlich aber gilt er als der erfolgreiche Kriegsherr, dem es gelang, in blutigen Kämpfen die bisher von Slawen bewohnte, später so genannte Nordmark einzunehmen. Man kann sie sich als das Gebiet der heutigen Mark Brandenburg vorstellen - eingeschlossen der obere Spreebogen mit der Stadt Storkow, die zur Zeit der Gründung der Mark Brandenburg am 11. Juni 1157 schon einige Jahrzehnte alt - und damit älter als Berlin ist. Obwohl die Kämpfe auch im Beeskower und Storkower Land toben, gehört die Stadt Storkow zunächst zur Lausitz. Erst 1575 wird sie an den Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg (1525-1598) vererbt und gehört ab dann fest zur Kurbrandenburg. Vermutlich befinden sich unter den damaligen Einwohnern der Kommune auch ins Land gerufene Kolonisten, die das dünn besiedelte Land auffüllen und die Wirtschaft mit in Gang bringen sollen. Albrecht habe auswärtige Zuzugswillige ausdrücklich zum Kommen ermuntert. "Er schikte Bevollmächtigte zu ihnen, ließ ihnen die stärksten Versicherungen geben … und versprach, sie bei ihren Gewonheiten, Rechten, Freiheiten … auf's heiligste zu schüzzen", heißt es in der Überlieferung weiter.

    Obwohl auf diese Weise aus dem Dunkel der Geschichte geholt, lässt sich kaum sagen, dass das Örtchen ab da in aller Munde ist - wäre nicht zumindest jener Mann auf den Plan getreten,
    Das Rathaus von  Storkow
    Das Rathaus der Stadt
    Foto: © -wn-
    den der Berliner Volksmund mit dem Reim verhohnepipelt: "Hatte je ein Mensch so'n Pech / wie der Bürgermeister Tschech, / dass er diesen dicken Mann / auf zwei schritt nicht treffen kann." Heinrich Ludwig Tschech (1789-1844) ist zehn Jahre lang Bürgermeister in Storkow. In diesem Amt versucht er eine Verwaltungsreform durchzusetzen, die einmütig sowohl von der Bürgerschaft wie von den übergeordneten Behörden abgelehnt wird. 1842 tritt er deshalb zurück und versucht später vergeblich, wieder in den öffentlichen Dienst eingestellt zu werden. Nachdem auch Eingaben an den (dicken) preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) ohne Erfolg bleiben, plant Tschech ein Attentat auf den Monarchen, das er am 26. Juli 1844, kurz vor acht Uhr morgens vor dem Hauptportal des Berliner Schlosses auszuführen sucht. Als der König und seine Frau Elisabeth Ludovika aus dem Schloss kommen und in einen nahe dem Portal geparkten Reisewagen gestiegen sind, gibt Tschech aus einer doppelläufigen Pistole zwei Schüsse auf die anfahrende Kutsche ab. Die Schüsse verhehlen das Ziel. Eine Kugel trifft - wie es im Volkslied hieß - "die Landesmutter / durch den Rock ins Unterfutter".

    Zwei Versager - jeder auf seine Weise - sehen sich in jenen schicksalhaften Sekunden in die Augen: Der Selbstjustiz übende, offenbar geisteskranke Attentäter, und der Monarch, der Jahre später, am 3. April 1849, die deutsche Kaiserkrone ablehnt, die ihm die Frankfurter Nationalversammlung mit 290 Ja-Stimmen (bei 248 Enthaltungen) angetragen hat. Der Monarch lehnt ab - ein schwerer politischer Fehler aus nationaler Sicht. In einem Brief an seine Schwester Charlotte bezeichnete er die bei ihm erschienene Frankfurter Delegation als eine "Mensch-Esel-Hund-Schweine und Katzen Deputation" - das ist ein Schuss auf die Idee eines deutschen Bundesstaates, der noch zwei weitere Jahrzehnte eine Hoffnung bleibt. Heinrich Ludwig Tschech wird am 14. Dezember 1844 in Spandau "mittels des Beils vom Leben zum Tode gebracht". Friedrich Wilhelm IV. erleidet 1857 mehrere Schlaganfälle und verliert das Sprechvermögen. Storkow erreicht 2009 das Alter von 800 Jahren.

    Wie man nach Storkow kommt:


    Von Berlin aus befährt man mit dem Auto die Bundesstraße B1, benutzt ab der Auffahrt Berlin-Köpenick die Autobahn A10 und wechselt auf die Autobahn A12. Von der Abfahrt Storkow bis zur Stadt sind es noch 9 Kilometer.
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    Text: -wn-

    Adresse der Stadtverwaltung:
    Rudolf-Breitscheid-Str. 74
    15859 Storkow


     
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