Tür der Schule, die Ehm Welk in Biesenbrow besuchte.
Auf dem Schild steht:
"Hier besuchte Ehm Welk, Autor des Romans
‚Die Heiden von Kummerow' bei Kantor Böttcher
von 1890-1898 die einklassige preußische Schule"
Foto © -wn-
um die Fläche Schlesiens (im Rahmen einer Rückeroberung) dauerhaft vergrößern wollte, sowie nach den Kämpfen gegen Napoleon (1813-1815) zieht das Jahr 1824 ins Land. An 26. September wird die Biesenbrower Gegend zu einem Umfeld, auf dem sich eine zu Schadenfreude aufreizende Provinz-Schnurre zuträgt. Leider blieb uns die damalige "Bildzeitung", die Neuruppiner Bilderbögen, einen detailliert illustrierten Bericht von einem märkischen Großkopfeten und einem vagabundierenden Kutschkasten schuldig. Seit dem Vorfall steht jedenfalls nicht nur der Cottbuser Postkutscher in Rede, der in einem bekannten Zungenbrecher den Postkutschkasten putzt (der überdeckte Passagierraum der Kutsche mit Innenplätzen). Jetzt sprach man auch vom Schwedter Kutscher, der den am Gefährt hinten angebrachten Kutschkasten in oder kurz vor Biesenbrow verlor. In der Unglückskutsche reiste an diesem Tag der Schwedter Justiz-Kammer-Direktor Krause vom Pechsee im Grunewald an der Havel nach Biesenbrow. Ohne dass es der Kutscher bemerkte, hatte sich der Kutschkasten nach einem Schraubenbruch gelöst, war auf den Weg gefallen - und blieb verschwunden. Direktor Krause sieht sich gezwungen, nachdem alle Nachsuche erfolglos blieb, die Sache - peinlich, peinlich - öffentlich zu machen. Im Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Berlin erscheint eine Hilfe heischende, wortreiche Anzeige, in der er aufzählt: "In diesem Kasten waren: das Gerichtssiegel, Akten und Hypothekenbücher des Patrimonial-Gerichts Biesenbrow, an deren Wiedererlangung (mir) außerordentlich gelegen ist; außerdem befanden sich in dem Kasten ein Schlafrock von roth- und grüngewürfeltem Kattun mit Parchent gefüttert, Pantoffeln und einige andere Kleinigkeiten." Da vor allem der Verlust der dienstlichen Utensilien "von großem Nachtheil ist, so ersuche ich alle Obrigkeiten und Jedermann, mit zur Wiedererlangung dieses Verlustes behülflich zu sein", beschwört er die Amtsblatt-Bezieher. Er sichert zu, Auslagen zu erstatten und einen Finderlohn von fünf Talern (etwa 23 EURO) zahlen zu wollen. Alles spricht dafür, dass der Justiz-Kammer-Direktor den Inhalt des Kutschkastens nie wiedersah. Schade, dass Ehm Welk eine so beeindruckende Geschichte nicht in den Roman einarbeiten konnte. Die hätte gepasst, gibt es doch dort schon die Bemerkung "… und den Reichen etwas wegzunehmen, war eine gute Tat, denn woher hatten die es, he? Aus eigener Arbeit etwa? Na also!" Das klingt zwar nach einem der verbissenen antikapitalistischen Verdikte der "Kommunistischen Plattform". Doch welch ein strapazierfähiges Kleid für Gottesdienst, Begräbnis und Sonntagsspaziergang hätte sich Mutter Grambauer aus dem roth- und grüngewürfelten feinfädigen, mit Kamelhaar-Stoff gefütterten Baumwollgewebe schneidern können!