Der Berliner Mauerweg

Text: -wn- (Journalist aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Mauerweg in Berlin
Den Mauerweg kann man mit dem Fahrrad erkunden - Foto: © -wn-

Der Berliner Mauerweg ist ein Rad- und Fußwanderweg, der weitgehend dem früheren Verlauf der Berliner Mauer um West-Berlin folgt. Er ist ca. 160 km lang und führt von der Innenstadt an die südliche Stadtgrenze.

Der Mauerweg um Berlin: Der überwundenen Grenze folgen

Damit hatte der vom Dachdecker ohne Gesellenbrief zum Exekutor einer territorialen Vollsperrung geschichtlichen Ausmaßes aufgestiegene Neunkirchener Bergarbeitersohn Erich Honecker nicht gerechnet. Mit dem fernmündlichen Befehl "Marschiert" löste er am Sonntag, den 13. August 1961, um 00.00 Uhr, im Polizeipräsidium am Berliner Alexanderplatz Truppenbewegungen aus und befahl das Aufmauern massiver Hindernisse über Straßen und durchs Gelände rings um die Stadtbezirke West-Berlins. Im Bereich des Undenkbaren lag es damals, dass dieser Wall mit seiner kategorischen Innenabschreckung 28 Jahre später nicht nur in beide Richtungen massenhaft überquert werden, sondern dass der Grenzverlauf selbst für touristische Fortbewegungen aller Art zur Verfügung stehen würde. Dabei hatte Walter Ulbrichts Mauer-Beauftragter in seinem Buch "Aus meinem Leben" eigens die militärische Präzision der Operation herausgestellt und als Grund dafür genannt: "dass wir nichts Wesentliches unberücksichtigt gelassen hatten." Außer Acht blieb jedoch, dass "nichts von Dauer (ist), wenn's keiner recht will", wie es im gefühlstiefen, lebensklugen Lied "Als ich fortging" des im Mauerbaujahr geborenen Sängers und Komponisten Dirk Michaelis nach einem Text der Schriftstellerin Gisela Steineckert heißt.
Übrigens: Wer keine Lust zum Fahrradfahren hat kann auch mit den Segway durch Berlin fahren.

Wenn auch die Geschichte (leider) vorab nie zu erkennen gibt, wann genau etwas ungeliebtes Fortdauerndes tatsächlich endet, hatte doch die Steineckert Recht damit, dass auf Erden nachweislich nichts unendlich ist. Jene als Friedenssicherung gepriesene Mauer schwindet heute selbst nach ihrer Öffnung materiell so schnell, dass oft nur noch die die Straßen überquerenden unscheinbaren Doppelpflastersteinreihen den innerstädtischen Wallverlauf anzeigen. Seit 2006 nun ist eine Markierung besonderer Art, der Berliner Mauerweg, vollständig angelegt. Der 160 Kilometer lange Rundweg um die ehemalige West-Berliner Halbstadt bietet die Möglichkeit, die ehemaligen Grenzanlagen auf dem früheren Zollweg, der für die West-Berliner Polizei und die alliierten Kontrollfahrzeuge vor der Mauer angelegt worden war, oder auf dem inneren Kolonnenweg der Grenztruppen abzufahren oder zu bewandern. Und da das, was von der Mauer noch übrig ist, keine Chance hat, als ein zum Empfang von pflegerischen Leistungen berechtigter Bestandteil des Weltkulturerbes zu werden, ist die Einrichtung des Mauerweges eine auf geschichtliches Erinnern zielende Vorkehrung und ein herausragendes touristisches Angebot. Der ehemals abschreckende Wall wurde überdies zu einem markierenden Limes, zu einem öffentlichen Grenzweg, den das Wort ursprünglich im Lateinischen einmal meinte.

Mit dem Fahrrad über den Berliner Mauerweg

Infotafel am Mauerweg in Treptow-Köpenick
Entlang des Mauerwegs gibt es auch einige Infotafeln - Foto: © Tkni

Historisch interessante Abschnitte, in denen sich noch Mauerreste auffinden lassen, wechseln auf der Route mit landschaftlich reizvollen Strecken. Der in 14 Teilstrecken eingeteilte Mauerweg zieht sich durch die jüngere deutsche Geschichte: Stationen sind das Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, wo sich zwischen 1933 und 1945 die Zentrale der Geheimen Staatspolizei, die SS-Führung, der Sicherheitsdienst der SS (SD) und das Reichssicherheitshauptamt befand, der Ausländergrenzübergang Friedrichstraße, der Checkpoint Charlie und das private Mauermuseum. Man passiert den "Gedenkort Peter Fechter", an dem am 17. August 1962 der 18-jährige Maurer-Facharbeiter erfolglos versuchte durch die Stacheldrahtverhaue nach West-Berlin zu entkommen. Im Gebiet Neukölln und Treptow liegt der im gleichnamigen Film berühmt gewordenen Grenzübergang "Sonnenallee" von Leander Haußmann aus dem Jahr 1999. Hier kommt jene Stelle ins Blickfeld, an der der 21-jährige gelernte Kellner Chris Gueffroy im Februar 1989 bei seinem Fluchtversuch erschossen wurde - als letzter Flüchtling, der durch Waffengebrauch zu Tode kam. Im Bereich Schöneweide und Schönefeld bietet sich ein Abzweig nach Rudow an - zu einem Relikt des Kalten Krieges. Dort begann in den 1950er Jahren der amerikanische Spionagetunnel hinüber nach Ost-Berlin, wo die Telefonleitungen des Hauptquartiers der Roten Armee angezapft worden waren. In Lichtenrade nehmen die Rad- und Fußwanderer eine lange Kirschbaumallee wahr. Die Bäume stifteten 1990 japanische Bürger zur Erinnerung an die Deutsche Einheit. Auf dem Weg von Lichterfelde nach Griebnitzsee kommt der Grenzübergang Dreilinden in Sicht. Steinstücken wird passiert, eine West-Berliner Exklave auf DDR-Gebiet. Auch der Bahnkontrollpunkt Griebnitzsee zählt zu den bekannten Punkten des Mauerweges. Auf dem Weg von Hennigsdorf nach Hohen Neuendorf trifft man auf die Stelle, an der Marienetta Jirkowsky als eine der wenigen Frauen versuchte, über die Mauer zu flüchten. Die Textilfacharbeiterin starb 18-jährig im Kugelhagel. Im Gebiet Wollankstraße zum Nordbahnhof gelangt man schließlich über den Mauerpark zur Gedenkstätte Bernauer Straße mit ihrem Aussichtsturm und dem langen Originalmauerrest.

Es ist eine Route durch märkische und Berliner Stadtlandschaften, auf der sich Wanderlust, Bitternis und das Wissen um noch ungestillte Tränen von Angehörigen mischen. Denn der Kurs bleibt ein von Blutorten gesäumter Weg. Er erinnert auch daran, wie abwegig die Grenzziehung gelegentlich begründet wurde. 1961 wartete die Wochenzeitung "Eulenspiegel" mit einer ausdrücklich nicht satirisch gemeinten Zeichnung ihres Illustrators Ernst Jazdzewski auf, die den Dichter Heinrich Heine gar als einen der Anstifter des Mauerbaues in Anspruch nahm: Ein bewaffneter Arbeiter meldet Heine: "Befehl ausgeführt, Genosse Heine!" Ausgerechnet jenem Heine, dem es an Grenzen immer mulmig wurde wie er in "Deutschland. Ein Wintermärchen" anklingen lässt:

"Und als ich an die Grenze kam,
Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen
In meiner Brust, ich glaube sogar
Die Augen begunnen zu tropfen."


Die 14 ausgeschilderten Etappen des Berliner Mauerweges:

  • Vom Potsdamer Platz zur Warschauer Straße
  • Von der Warschauer Straße nach Schöneweide
  • Von Schöneweide nach Schönefeld
  • Von Schönefeld nach Lichtenrade
  • Von Lichtenrade nach Lichterfelde Süd
  • Von Lichterfelde Süd nach Griebnitzsee
  • Vom Griebnitzsee zum Wannsee
  • Von Wannsee nach Staaken
  • Von Staaken nach Hennigsdorf
  • Von Hennigsdorf nach Hohen Neuendorf
  • Von Hohen Neuendorf nach Hermsdorf
  • Von Hermsdorf zur Wollankstraße
  • Von der Wollankstraße zum Nordbahnhof
  • Vom Nordbahnhof zum Potsdamer Platz

Die Beschreibungen der Teil-Routen findet man unter www.berlin.de/mauer/mauerweg/

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