Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Ein gesellschaftliches Problem

Text: H. J. (Pädagogin / Diplom-Medienberaterin aus Berlin) / Letzte Aktualisierung: 11.04.2025

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Was tun gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? - Foto: © Andrey Popov - stock.adobe. com

Nicht erst seit dem Aufschrei #metoo ist sexuelle Belästigung im Job ein ernstes und ernstzunehmendes Problem, welches häufig unterschätzt und unter den Teppich gekehrt wird. Dabei kann solches Verhalten tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit von Betroffenen und auf das gesamte Arbeitsumfeld haben. Nicht immer ist es eindeutig, wann es sich um harmlose Scherze und wann um unangemessene Übergriffe handelt. Daher ist es wichtig, sich mit den verschiedenen Aspekten sexueller Belästigung auseinanderzusetzen, um ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld zu fördern.

Was ist sexuelle Belästigung?

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz umfasst unerwünschte Verhaltensweisen sexueller Natur, welche eine Person am Arbeitsplatz belästigen, einschüchtern oder beleidigen. Diese Verhaltensweisen können vielfältig sein und reichen von verbalen Äußerungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Hier sind einige Beispiele:

  • aufdringliche Blicke
  • verbale Entgleisungen, wie sexuelle Anspielungen, anzügliche Bemerkungen oder Witze, die zum Unwohlsein einer Person führen
  • Verfolgung oder wiederholtes unerwünschtes Kontaktieren einer Person (Stalking)
  • das Zeigen oder Versenden von pornografischen Bildern, Videos oder Nachrichten
  • unerwünschte Körperkontakte, insbesondere Umarmungen, Küsse und Berührungen von Körperteilen
  • Nötigung oder sexuelle Erpressung, beispielsweise durch Drohungen oder Versprechen im Austausch für sexuelle Gefälligkeiten
Sexuelle Belästigung ist ein Machtmissbrauch, der unabhängig vom Geschlecht auftreten kann. Es können daher nicht nur Frauen, sondern auch Männer und queere Personen davon betroffen sein. Außerdem sind die Täter nicht ausschließlich Kollegen. Auch von Kunden, Patienten und Klienten können sexuelle Übergriffe ausgehen. Aber nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch bei Betriebsfeiern wie z.B. bei der Firmenweihnachtsfeier in Berlin kann es zu sexueller Belästigung kommen.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat im Jahr 2015 eine Umfrage zum Thema durchgeführt. Dieser zufolge haben 17 Prozent der befragten Frauen von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz berichtet. Von den befragten Männern waren es sieben Prozent.

Folgen sexueller Belästigung können psychische Belastungen wie Angst sein
Folgen sexueller Belästigung können Angststörungen und körperliche Beschwerden sein. - Foto: © ldprod - stock.adobe. com

Welche Folgen kann eine sexuelle Belästigung für Betroffene haben?

Die Auswirkungen sexueller Belästigung auf Betroffene sind vielfältig und können sowohl psychische als auch physische Folgen haben. Zu den häufigsten Konsequenzen gehören:

  • Psychische Probleme, wie Angst, Depressionen, Schlafstörungen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
  • Körperliche Beschwerden, zum Beispiel stressbedingte Symptome wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und Herz-Kreislauf-Probleme
  • Beeinträchtigung der Arbeitsleistung: Betroffene können sich in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt fühlen, wodurch sich die Produktivität verringert und es zu einer Zunahme von Fehlzeiten kommen kann
  • Soziale Isolation, weil sich Betroffene oft aus sozialen Interaktionen zurückziehen
  • Auswirkungen auf die berufliche Karriere: Sexuelle Belästigung kann die berufliche Entwicklung beeinträchtigen, insbesondere wenn die Täter Vorgesetzte sind, welche großen Einfluss auf Beförderungen oder Gehaltsentscheidungen haben.

Was meint der Gesetzgeber zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?

Mehrere gesetzliche Regelungen befassen sich mit dem Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Dabei ist entscheidend, ob ein Verhalten von der betroffenen Person als sexuell empfunden wird – nicht, welche Absicht die handelnde Person hatte. In Deutschland bietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einen umfassenden Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Es verpflichtet Arbeitgeber zudem dazu, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Beschäftigten wirksam davor zu schützen.

Personen, von denen die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ausgeht, können nach dem Strafgesetzbuch (StGB) belangt werden. Insbesondere gelten hier die folgenden Paragraphen:

  • § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung
  • § 184i Sexuelle Belästigung
Vorgesehen sind je nach Art und Schwere der Belästigung Geldstrafen oder Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und zehn Jahren.

Mann wird von einem Kollegen sexuell belästigt
Auch Männer können Opfer von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz werden - Foto: © Pixel-Shot - stock.adobe. com

Wie kann ich mich gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wehren?

Die ersten Anlaufstellen bei sexueller Belästigung im Job sind der direkte Vorgesetzte, die Personalabteilung und der Arbeitgeber. Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat, eine betriebliche Beschwerdestelle oder Gleichstellungsbeauftragte stehen auch diese mit Rat und Hilfe Betroffenen zur Seite. Außerdem kann man sich bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zum Thema informieren und sich an unabhängige Antidiskriminierungsberatungsstellen oder Anwälte wenden.

Betroffene erhalten zudem hier kostenlos telefonische Hilfe:

  • Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen 116 016
    (rund um die Uhr)
  • Hilfetelefon bei Gewalt gegen Männer 0800-1239900
    (Montag bis Donnerstag 8 - 20 Uhr, Freitag 8 - 15 Uhr)
  • Am Ende des Artikels finden Sie Links zu weiteren Beratungsstellen in Berlin. [ 3 ]

Wer sich am Arbeitsplatz sexuell belästigt fühlt, sollte die Vorfälle möglichst genau mit Datum, Uhrzeit und Details dokumentieren. Außerdem ist es wichtig, mögliche Beweise wie E-Mails oder andere Nachrichten aufzubewahren.

Falsche Anschuldigungen: Auch eine unberechtigte Vorverurteilung kann folgenreich sein

Dass es wichtig ist, die Stimmen von Betroffenen ernst zu nehmen, steht außer Frage. Dennoch darf die Möglichkeit falscher Anschuldigungen nicht außer Acht gelassen werden, denn auch eine unberechtigte Vorverurteilung kann für den Beschuldigten und sein Arbeitsumfeld schwerwiegende Folgen haben. Falsche Anschuldigungen können den guten Ruf einer Person zerstören, die Karriere beeinträchtigen und sogar zur Verfolgung durch die Strafbehörden führen.

Aktuelles Beispiel aus der Berliner Politik:
So hatten im Jahr 2024 falsche Anschuldigungen gegen einen Berliner Politiker weitreichende Konsequenzen: Er selbst musste seine Kandidatur für die Bundestagswahl zurückziehen und sein Ansehen erhielt einen großen Schaden in der öffentlichen Wahrnehmung. Eine Parteigenossin, die in die Vorwürfe verwickelt war, trat von ihrem Posten zurück. Die Partei stand vor der Herausforderung, das Vertrauen in ihre internen Prozesse wiederherzustellen und die Integrität ihrer Mitglieder zu schützen. Last, but not least kam es zu rechtlichen und medialen Konsequenzen für den Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wegen seiner fehlerhaften Berichterstattung. Die Programmdirektorin und der Chefredakteur legten daraufhin ihre Posten nieder.

Falsche Anschuldigungen - Beratung beim Anwalt
Bei falschen Anschuldigungen bzgl. sexueller Belästigung können Sie sich von einem Fachanwalt beraten lassen - Foto: © Elnur - stock.adobe. com

Wer sich falschen Anschuldigungen ausgesetzt sieht, sollte sich möglichst umgehend Hilfe suchen. Wie bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, sind auch in solchen Fällen die betriebliche Beschwerdestelle, der Betriebsrat und die Personalabteilung wichtige Ansprechpartner. Lässt sich das Problem dadurch nicht aus der Welt schaffen, bleibt nur der Weg zu einem Rechtsanwalt. [ 2 ]

Wie können Betriebe sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verhindern?

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes [ 1 ] informiert nicht nur Betroffene von sexueller Belästigung, sondern unterstützt auch Arbeitgeber bei der Realisierung eines rechtssicheren Diskriminierungsschutzes im Arbeitsumfeld. Betriebe tragen eine wichtige Verantwortung bei der Prävention sexueller Belästigung.

Diese Maßnahmen können Betriebe ergreifen:

  • Regelmäßige Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können das Bewusstsein für sexuelle Belästigung schärfen und unangemessenes Verhalten vorbeugen.
  • Arbeitgeber sollten klare Richtlinien gegen sexuelle Belästigung aufstellen und diese an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich kommunizieren
  • Eine Beschwerdestelle kann sicherstellen, dass es Ansprechpartner gibt, an die sich Betroffene wenden können.
  • Es ist wichtig, dass Arbeitgeber oder ihre Beauftragten konsequent auf Beschwerden reagieren und dafür sorgen, dass Täter zur Rechenschaft gezogen werden.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein komplexes Problem, das sowohl individuelle als auch organisatorische Maßnahmen erfordert. Durch Sensibilisierung, klare Richtlinien und eine Kultur des Respekts können Unternehmen dazu beitragen, ein sicheres und unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Viele große Arbeitgeber in Berlin haben intern Maßnahmen ergriffen, um sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz zu verhindern. Führungskräfte werden gezielt geschult und sensibilisiert.

Quellenangaben und weiterführende Informationen:

Arbeiten in Berlin:

Alle Angaben ohne Gewähr!

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