Das Neue Palais im Park von Sanssouci: Pomp oder Pracht?

Pomp oder Pracht? Mancher Besucher des Parks von Sanssouci fragt sich, welche ästhetische Wirkung wollte Preußen-König Friedrich II. (1712-1786) mit dem von ihm entworfenen 220 Meter langen, innen wie außen aufwendig gestalteten Neue Palais erzielen? Zwischen 1763 bis 1769 nahm das palastartige Gebäude seine ansehnliche Gestalt an; rund 2,9 Millionen preußische Reichstaler (über 17 Millionen Euro) verschlang das Projekt. Zum Vergleich: Die Einkünfte des Königreiches betrugen im Jahre 1740 sechzig Millionen Taler. In einigen der 200 Räume der Dreiflügelanlage wird heute universitäre Philosophie betrieben; auch Institute für Mathematik, Physik und Sport sind etabliert. Neue Palais im Park von Sanssouci Das wuchtige Barockschloss im teils holländischen teils italienischen Stil mit seiner 55 Meter hohen Kuppel hat auf einer Ost-West-Achse schöne Sichtverbindung mit der Fontäne unterhalb des Rokoko-Schlosses, das man oben auf dem sorgenfreien Weinberg sieht. Am Mittelgesims des Palais prangt hingegen die martialische, auf den preußischen Adler bezogene Losung "Nec soli cedit" ("Selbst der Sonne weicht er nicht"). Auf der Kuppel des Mitteltraktes halten drei Grazien die preußische Königskrone in den Himmel hoch, wobei sie - wie es in einem Potsdam-Journal aus dem 19. Jahrhundert heißt - "rücksichtslos aller Welt das hintere Profil zeigen". Böse Zungen lästerten damals, bei den drei Damen handele es sich um bildhauerische Nachbildungen von Friedrichs Erzfeindin Maria Theresia von Österreich, von der ihm gleichfalls nicht wohl gesonnenen Mätresse König Ludwigs XV., Marquise de Pompadour, und von Zarin Katharina II., mit der er einvernehmlich Polen aufteilte.

Die Geschichte des Neuen Palais


Für die Pomp-oder-Pracht-Frage ist der Zeitpunkt der Errichtung der dreigeschossigen Anlage mit mehreren Sälen und Galerien relevant. Es ist die Zeit nach dem Ende des um Schlesien geführten Siebenjährigen Krieges. Allgemein wunderte man sich in Europa, dass Friedrich sich in diesem Moment einen solchen Bau überhaupt leisteten konnte. Und mancher Historiker wähnte, der Monarch habe zeigen wollen, dass er auch nach dem Ressourcen fressenden Krieg nicht am Ende sei. Kurz gesagt: Das Palais sollte ungeschmälerten Herrschaftsanspruch geltend machten. Der Kunstkritiker Georg Malkowsky, ein belesener Mann, der seinen kreativen Schreib-Phasen ein Schläfchen im persischen Rauchzimmer des Berliner Schriftsteller-Klubs vorausgehen ließ, äußerte sich 1912 zur Frage, wie man das Palais - außer es einfach barock zu nennen - einstufen sollte. Friedrich II. habe, schreibt Malkowsky, mit dem Projekt "landesväterliche Absichten (verfolgt) "welche über kleinliche Prunk- und Genusssucht weit hinausgingen". Mit dem Bau habe er "die einheimische Betriebsamkeit" anregen wollen. Der Komplex sei - heißt es an anderer Stelle - mit "der weisen Absicht verbunden (gewesen) der Menge geschäftsloser Hände, die der Krieg hervorgebracht, Verdienst zu geben und große Geldsummen in Umlauf zu bringen". Man könnte heute sagen, das als Paradestück königlicher Prachtentfaltung klassifizierte Neue Palais war auch eine Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung und Wirtschaftsbelebung in Potsdam und Umgebung. Dennoch denunziert Friedrich seinen eigenen Bau überraschend als "fanfaronnade", als eine architektonische Angeberei. Der König war - so der Historiker Werner Markert - sogar ehrlich genug, 1781 vor Gästen im chinesischen Teehäuschen einzugestehen: "Wir äffen die Großmächte nach, ohne eine Großmacht zu sein". Dass Friedrich nichts mehr verabscheute als imperiale Beweihräucherungen aus dem Munde seiner Untertanen, belegt sein geharnischter Einspruch gegen ein Deckengemälde im Marmorsaal, auf dem sein Name von Göttinnen gen Himmel getragen wird. Der Namenszug musste übermalt werden. Anders sein Bruder Heinrich in Rheinsberg: Er liebte solche liebedienerische Nettigkeiten. Im nahen Schloss Meseberg überraschte ihn sein Liebhaber Christian Ludwig von Kaphengst eines Tages ebenfalls mit einem Deckengemälde. Auf dem Plafond der großen Speisehalle hatte der bisexuelle Bonvivant eine Apotheose Heinrichs darstellen lassen. Jünglinge mit Füllhörnern und Schalen tragen das Bild des Prinzen zum Ruhmestempel hinan.

Friedrich besaß im Palais, wie es heißt, ein "kleines lauschiges Kabinet" mit "Arbeitstisch und bequemem Sopha". Von der einen Wand "lächelt die kleine Handbibliothek; ein großer zerwühlter Sessel für die Windspiele (seine Hunde) steht unter dem Kamin". Und obwohl es weiter heißt "ein behaglich deutsches Wesen (habe) rings umher geweht und gewebt, und die Muse zu erhabenen Gedanken verlockt" - so hat er dennoch im Neuen Palais kaum einmal gewohnt. Als königliche Residenz diente das Palais erst im Deutschen Kaiserreich (1871 bis 1918). Drei Kaiser nahmen hier oft Quartier: beide Wilhelms und der schwer an Kehlkopfkrebs erkrankte "Neunundneunzig-Tage-Kaiser" Friedrich III. von Preußen, der das Haus in Schloss Friedrichskron umbenannte. Im Juni 1888 erlag er im Palais seiner schweren Krankheit. Ein Vierteljahrhundert später brach jener Schwarze Freitag an, als der sich der 31. Juli 1914 in der Geschichte des Hauses, Deutschlands, Europas und der Welt erweisen sollte. Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) fertigte mit "Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel" die Urkunde zur Erklärung des im Reichsgebiet geltenden Kriegszustandes aus. Sechs Tage später trat er mit einem anklägerischen Sermon an die Öffentlichkeit, mit dem er die Notwendigkeit eines Krieges besonders gegen England und Frankreich zu begründen suchte: "Man will nicht dulden, dass wir in entschlossener Treue zu unserem Bundesgenossen (Österreich) stehen, der um sein Ansehen als Großmacht kämpft und mit dessen Erniedrigung auch unsere Macht und Ehre verloren ist. … Es muss denn das Schwert nun entscheiden." Kurze Zeit darauf nimmt der über fünfzig Monate währende Erste Weltkrieg seinen furchtbaren Verlauf.
Am 29. Oktober 1918 verlässt der Kaiser das Neue Palais; die Kriegsmüdigkeit der Wilhelmshavener Matrosen treibt ihn in das Quartier der deutschen Heeresleitung nach Spa in Belgien. Der weltentrückte Monarch erfährt von "seinem Rücktritt". Es gibt keine Rückkehr nach Deutschland. In 59 Waggons schickt man dem Exilierten Möbel, Gemälde, Porzellan und Silber ins holländische Doorn nach. Als Rückkehrer gefeiert wird hingegen Friedrich, der - wie es heißt - "mit der Standhaftigkeit und Gelassenheit eines Weisen" gestorben war. Am 17. August 1991 wird sein "schlichter, (1786) in tagelanger Arbeit verlöteter Zinnsarg" (Friedrich Dieckmann) in Sanssouci unweit des Neuen Palais beigesetzt.

Adresse:
Neues Palais
Am Neuen Palais
14469 Potsdam
Tel: 0331/ 96 94 200

Wie man zum Neuen Palais in Potsdam-Sanssouci kommt:
Bus: Ab dem Potsdamer Hauptbahnhof benutzt man die Busse 695 oder X15. Die Buslinien 605 und 606 fahren zum Luisenplatz. Von hier sind es wenige Gehminuten bis zum südlichen Parkeingang von Sanssouci.

Straßenbahn: Die Linien 91 und 94 fahren vom Hauptbahnhof zum Park. Bei dieser Zugangsvariante hat man zunächst einen schönen Blick auf den Weinberg mit Schloss Sanssouci. An der Fontäne biegt man nach links ab und geht auf geradem Weg dem Neuen Palais entgegen.
Text & Foto: wn / Stand: 01.03.2014

Öffnungszeiten des Neuen Palais in Potsdam:


November bis März:
Mittwoch bis Montag 10 - 17 Uhr
Dienstag geschlossen

April bis Oktober:
Mittwoch bis Montag 10 - 18 Uhr
Dienstag geschlossen
Bitte beachten Sie, dass in den Wintermonaten nur eine Besichtigung mit Führung angeboten wird. In den Sommermonaten können Sie zwischen Führung und Audioguide wählen. Die Königswohnung ist nur mit Führung zu besichtigen.

Eintrittspreise für das Neue Palais:


Normal 8€, ermäißgt 6€
Fotoerlaubnis 3€

 
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