Ein Hintermauerstein im deutschen Reichsformat
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Den Sekretär des Wahlbayern ziert ein im Office-Ambiente beziehungslos wirkender brandenburgischer Hintermauerstein im deutschen Reichsformat von 25 ×12 × 6,5 cm (Foto). Der eingeprägte Ziegelstempel lautet "F. Fritze Glindow". Der Stein ist zwar nicht wie im Grimmschen Märchen letztes Schein-Äquivalent eines Sieben-Jahres-Lohnes, den der unbegreiflich glückselige Hans in Form eines kopfgroßen Goldklumpens erhielt.
Der Wert des Münchener Steines ist dennoch nicht zu verachten; es ist ein zur Erbsache gewordener Ziegel aus der "Ziegelbäckerei" eines der Vorfahren W.-D. Hs. - Ferdinand Friedrich Fritze, geboren vermutlich 1798 als Sohn eines Bauern in Neu-Töplitz am Kleinen Zernsee nordwestlich von Potsdam. Bereits als 27jähriger ist dieser Ahn Ziegeleibesitzer in Caputh und erwirbt dort das Recht, in den Caputher Erdebergen nach Ton zu graben und diesen zu Bausteinen zu verarbeiten. Dann taucht Newcomer Fritze in Glindow auf. "In Werder wird gegraben, gepflanzt, gepflückt - in Glindow wird gegraben, geformt, gebrannt", resümiert Theodor Fontane in den "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" und erwähnt die dortzulande "Ziegellords" genannte wirtschaftlich erfolgreiche Familie Fritze, die damit auch in die deutsche Literatur Eingang findet. Ferdinand Friedrich Fritze besitzt im Dorf die Schlossziegelei und die Invalidenkassen-Ziegelei, in denen im Sommer bis zu 500 Saisonarbeiter beschäftigt sind. Unter den Beschäftigten herrscht eine strenge Hierarchie. An oberster Stelle rangiert der Brennmeister, ihm unterstellt sind die Ziegelhandstreicher. Es folgten die Brenner, Auskarrer und an letzter Stelle die schlecht bezahlten Tagelöhner.