Dussmmann in der Berliner Friedrichstraße
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Friseurkunden, Passanten singen, summen und skandieren den unvermutet populär gewordenen Cantus firmus - vergleichbar heute dem "Stern, der deinen Namen trägt" von DJ Ötzi & Nik P. Der Hit damals: "Wir winden dir den Jungfernkranz mit veilchenblauer Seide" - der Brautjungfern-Chor aus dem "Freischütz", der Romantischen Oper von Carl Maria von Weber. Die Gesangsnummer ist dabei dasjenige zu werden, was es in Preußen bisher überhaupt noch nicht gab: ein Schlager. Wir schreiben das Jahr 1822. Seit einigen Monaten wird die erste deutsche Volksoper im Neuen Schauspielhaus am Gendarmenmarkt mit überwältigendem Erfolg aufgeführt. Heine, dem das frenetische Verfallensein des Straßenpublikums an das von drei Jungfern gesungene Lied im III. Akt mittlerweile übel aufstößt, flüchtet zu einer Freundin, "der schönsten Borussin", wie er en passant wissen lässt. Nach dem Beilager lispelt ihm das Berliner Mädel ins Ohr: "Ich liebe dir, und deine Lawise wird dich ooch immer jut sind." Und noch etwas Gutes will sie ihm tun und haucht: "Wir winden dir den Jungfernkranz ..." Heine springt auf, zieht die Hose an, verduftet genervt.