Christopher Street Day in Berlin

Text: A. K. (Journalistin aus Berlin / Letzte Aktualisierung: 19.04.2023

Regenbögen zum Christopher Street Day in Berlin
Zum Christopher Street Day sieht man in ganz Berlin Regenbögen - Symbolbild: © mente - stock.adobe. com

Christopher Street Day: Schwul-lesbisches Selbstbewusstsein

Auf dem Christopher Street Day sieht man die schillernsten Gestalten paradieren. Denn wenn die Schwulen und Lesben in Berlin aber auch vielen anderen Städten rund um den Globus den CSD feiern, ist es ein klein wenig so wie bei den Jecken, wenn der Karneval ausbricht. Viele Teilnehmer greifen tief in die Kostümkiste und noch tiefer in den Schminketopf. Spaß an der Selbstdarstellung steigert dabei nicht nur den Partyfaktor der ursprünglich rein politischen Demonstration, sondern ist für viele Homosexuelle auch ein wichtiger Schritt in ihrem Coming-Out. Denn auch wenn die gleichgeschlechtliche Liebe heutzutage kein echtes Stigma mehr ist, müssen viele Schwule und Lesben immer noch um gelebte Akzeptanz und Gleichberechtigung kämpfen. Dafür gehen sie beim CSD auf die Straße. Begleitet wird der CSD in den meisten größeren Städten von Lesungen, Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen.

Christopher Street Day 2022 in Berlin

Der Berliner Christopher Street Day ist eine Demonstration für die Rechte von Lesebn, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Intersexuellen und queeren Menschen.
Der Christopher Street Day 2022 in Berlin findet am 23.07.2022 statt.

Geschichte des CSD

Übrigens ist der Name des Events eine rein deutschsprachige Erfindung. Anderswo heißt der internationale Feiertag "gay pride". Die deutsche Bezeichnung erinnert explizit an den legendären Aufstand vom 28.Juni 1969 in der Christopher Street in New York. An diesem Datum fuhren Polizeiwägen vor dem Schwulentreff "Stonewall Inn" vor, um die Bar zu stürmen. Eine meist gewalttätige Razzia wie diese war Routine, doch dieses Mal ließen sich die ca. 200 Schwulen, Lesbischen und Transgender nicht mehr so leicht einschüchtern. Sie brachen aus der Anonymität des Lokals heraus, versammelten sich auf der Straße, prangerten das Vorgehen der Polizisten an und ließen dabei saloppe Sprüche los wie: "Hallo Schwestern! Kommt her, hier gibt's mal wieder richtige Kerle!" Mit derart vehementem Widerstand hatten die Polizisten nicht gerechnet und zogen sich wieder zurück. Seit diesem Ereignis gewann die Schwulen- und Lesbenbewegung immer mehr an Bedeutung und die "gayliberation" entflammte in den gesamten USA, Südamerika, Europa und Australien.

Zwar war der Paragraph 175, demzufolge homosexuelle Handlungen per Gesetz strafbar waren, in Deutschland zu diesem Zeitpunkt gerade erst ganze drei Tage reformiert worden, d.h. nur noch gleichgeschlechtlicher Verkehr mit unter 21-Jährigen war verboten. Doch sollte es noch eine ganze Weile dauern, bis Homosexuelle sich outen konnten, ohne Gefahr zu laufen, laustark diskriminiert zu werden. Als die ARD 1973 bundesweit - mit Ausnahme von Bayern - den Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt" von Rosa Praunheim ausstrahlte, löste das massive Zuschauerbeschwerden aus, deren Tenor die WDR-Pressestelle wie folgt kommentierte: "Die Homos sollen in der Ecke bleiben und gefälligst nicht herauskommen!" Auch ganze 15 Jahre später wird die Forderung der Grünen nach einem Schwulen- und Lesbenreferat im Familienministerium nicht zur Beratung zugelassen, da die Begriffe schwul und lesbisch "von der überwiegenden Mehrheit" der Abgeordneten nicht akzeptiert werden könnten. Erst Mitte der 90er Jahre erzielt die schwul-lesbische- Gleichberechtigungsbewegung erste gravierende Erfolge. So streicht etwa die WHO (World Health Organisation) die Homosexualität aus dem International Code of Deseases. Sie war dort seit der ersten Veröffentlichung 1948 unter der Nummer 302.0 als psychische Krankheit geführt worden. 1994 wird auch der § 175 endgültig gestrichen und 1999 gibt es in Hamburg erstmal eine staatlich anerkannte Eintragung von homosexuellen Paaren.

Auch wenn Homosexualität heute offiziell salonfähig ist und sich der CSD in Spaßveranstaltungen wie den Karneval der Kulturen einreiht, erleben viele Homos auch heute noch eine Reihe von Diskriminierungen, vor denen sie der Staat ihrer Ansicht nach nicht ausreichend schützt. Eine der wichtigsten Forderungen bleibt die Verstärkung von Anti-Homophobie-Unterricht und Aids-Prävention an den Sculen sowie schärfere Strafen bei Diskriminierung Homosexueller am Arbeitsplatz. Besuchen Sie doch auch mal das Schwule Museum in Kreuzberg!

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