Ausschnitt des Heine-Denkmals
am Kastanienwäldchen, es ist die zweite
größere Fassung des "Ur-Heines",
der in Ludwigsfelde steht.
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Man muss sich nur vergegenwärtigen, dass der Verfasser von "Deutschland. Ein Wintermärchen" oder des populären Gedichtes "Die schlesischen Weber" (beide von 1844) in der DDR neben literarischen Größen des 18. und 19. Jahrhunderts wie Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781), Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) und Friedrich Schiller (1759-1805) gleichrangig figurierte. Im Westen Deutschlands sah es anders aus. Für jeden staatssozialistischen Propagandisten war es ein wunderbar zu zeigen, wie sehr in den Jahrzehnten nach dem Krieg Heine in seiner engeren Heimat verkannt, gemieden und missdeutet wurde. Auf einer Tagung der SED höhnte der Kulturpolitiker Alexander Abusch (1902-1982): "Denk ich an Düsseldorf in der Nacht / So bin ich um den Schlaf gebracht." Progressiv nahm sich im Gegensatz zur westdeutschen Ignoranz der - wie der Literaturwissenschaftler Jost Hermand (geb. 1930) formulierte - "machtvolle Einbürgerungsversuch" aus, wie ihn die DDR am Beispiel Heines eitel zelebrierte. Allerdings schien es, als habe dessen Werk in der DDR einen guten Ort gefunden. Nachweislich waren dort allein bis zum Jahre 1972 "Deutschland. Ein Wintermärchen" in 582000 Exemplaren erschienen. Allerdings wurde in Vor- und Nachworten kein Zweifel daran gelassen, dass Heine - wohnte er im Arbeiter-und-Bauern-Staat - keinen Anlass hätte, ein "Wintermärchen" zu verfassen. Vielmehr würde er als "Prophet des neuen Deutschlands" Lieder auf den sozialistischen Aufbau dichten. Gut vorstellbar, wie sich Heine mit der Schalheit der Funktionäre auseinandergesetzt haben würde. Er hätte wohl ähnliche Worte und Töne gefunden wie seinerzeit Wolf Biermann (geb 1936), der in seinen "Liedern 1977-1991" seinem Dichterkollegen mit dem Gedicht "AUF DEM FRIEDHOF / AM MONTMARTRE" ein Denkmal der Solidarität und des Mitgefühls setzte. Es heißt dort: "Und im Kriege, als die Deutschen / An das Hakenkreuz die Seine- / Stadt genagelt hatten, störte / Sie der Name HENRI HEINE! / Und ich weiß nicht wie, ich weiß nur / Das: er wurde weggemacht / Und wurd wieder angeschrieben / Von Franzosen manche Nacht." Und Heinrich Heine wäre ganz bestimmt irgendwann vor der dreisten Dummheit der Bonzen geflohen. Er hätte rübergemacht nach Düsseldorf, auch wenn man ihn dort zunächst reserviert empfangen hätte. Im Übrigen hatte er keine Illusionen über jedwede dichterische Existenz. "Aber wo der wahre Dichter auch sei, er wird gehasst und angefeindet, die Pfennigsmenschen verzeihen es ihm nicht, dass er etwas mehr sein will als sie, und das Höchste, was er erreichen kann, ist doch nur ein Martyrertum", schreibt er im Dezember 1822.